am Puls Biologie 6, Schulbuch

Aufgaben 166 Selbstloses Verhalten Kaum hat eine Ameisenarbeiterin der in Südostasien heimischen Art Camponotus saundersi einen Feind wahrgenommen, egal wie groß und gefährlich dieser ist, stürzt sie sich auf ihn und zieht ihre Muskulatur des Hinterleibs so stark zusammen, bis die Bereiche zwischen den Skelettplatten aufreißen und sie platzt. Dabei überschüttet sie den Angreifer mit klebrigem Sekret. Bei dieser spektakulären Abwehrstrategie stirbt die Arbeiterin. Ein solches völlig selbstloses Verhalten zum Vorteil der anderen Gruppen- oder Koloniemitglieder bezeichnet man als Altruismus. Die Frage, wie so ein Verhalten im Lauf der Evolution enstehen konnte, wenn es doch zum eigenen Nachteil der Ameise ist, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Erst 1964 wurde durch den englischen Biologen William D. Hamilton (1936–2000) eine entsprechende Theorie aufgestellt: die Verwandtenselektion. Seine Theorie, die mittlerweile als bestätigt gilt, besagt, dass sich solch extrem selbstloses Verhalten dann durchsetzen kann, wenn zwischen jenen Tieren, die sich aufopfern und den anderen Tieren der Gruppe eine enge Verwandtschaft besteht. Dadurch, dass die Arbeiterinnen die gefährlichen Arbeiten übernehmen, die Kolonie verteidigen und bei der Brutpflege helfen, kann die Ameisenkönigin nämlich sehr viel mehr Nachkommen zur Welt bringen. Die Arbeiterinnen helfen also der Königin ihre Nachkommenzahl zu erhöhen – und weil sie so eng verwandt sind, bekommen die Arbeiterinnen so – indirekt – ebenfalls viele eng verwandte Nachkommen. Weniger extreme Formen von Kooperation finden sich auch bei nichtverwandten Gruppen von Tieren einer Art. Das gegenseitige Füttern bei Vampirfledermäusen, die in Mittel- und Südamerika leben, ist ein Beispiel dafür. Vampirfledermäuse können ohne eine Blutmahlzeit nicht lange überleben, aber die Chance, in einer Nacht bei der Jagd leer auszugehen ist recht hoch. Erfolgreiche Vampirfledermäuse geben daher den Erfolglosen von ihrer Blutmahlzeit ab – und werden umgekehrt später gefüttert wenn sie selbst einmal leer ausgegangen sind. Ein Verhalten, das zum eigenen Nachteil, aber zum Vorteil der Gruppe ist, nennt man altruistisch Abb.16: Vampirfledermaus. Bei diesen Tieren beobachtet man manchmal, dass sie aufgenommenes Blut an hungernde Nichtverwandte weitergeben. 1 W Der Mensch ist ein wahrer Meister der Kooperation! Von den einstigen Jäger/Jägerinnen und Sammler/Sammlerinnen Gesellschaften bis heute spielte Kooperation stets eine große Rolle im Zusammenleben von menschlichen Gruppen und in Staaten. Nenne zwei Beispiele von menschlichen Gruppen in deinem Umfeld, bei denen Kooperation eine wichtige Rolle spielt und erkläre wo dabei kooperiert wird. 2 W Altruismus klingt nach einem Phänomen von dem man erwartet, dass es nur bei Tiergruppen vorkommt – dies ist aber nicht der Fall! Der Schleimpilz Dictyostelium lebt im Boden. Bei der Fortpflanzung dieser Art spielt Kooperation zwischen einzelnen Individuen eine große Rolle. Recherchiere im Internet zur Biologie und zur Fortpflanzung dieser Art. Erkläre, warum man hier ebenso von Altruismus sprechen könnte. Abb.17: Fruchtkörper des Schleimpilzes Dictyostelium. Reproduktion Extreme Formen von Altruismus sind der eigene Selbstmord zum Vorteil der Gruppe und die Aufgabe der eigenen Reproduktion innerhalb der Kolonie, wie sie bei sozialen Insekten vorkommt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=