am Puls Biologie 6, Schulbuch

Aufgaben 125 Ökologie Räuber- und Beute-Populationen beeinflussen sich gegenseitig Da die Angehörigen einer Art in einem Lebensraum eng miteinander zu tun haben, ist es sinnvoll, sie in einer Gruppe zusammenzufassen. Eine solche Gemeinschaft nennt man Population. So bilden alle E. coli-Bakterien in deinem Darm eine Population, in dem deiner Mutter eine andere Population. Wenn du Antibiotika gegen bestimmte Bakterien einnimmst, werden diese nur in deinem Körper, nicht in dem deiner Mutter sterben. Allgemein besteht eine Population aus den Individuen einer Art, die sich in einem gemeinsamen, klar definierten Lebensraum aufhalten und zwischen denen in irgendeiner Form Genaustausch stattfinden kann. Für die gegenseitige Beeinflussung zweier Arten sind weniger die einzelnen Individuen entscheidend als die Größe ihrer jeweiligen Population. Ein historisch gut dokumentiertes Beispiel dafür liefern Schneeschuhhasen und Luchse im Norden Kanadas. Dort hatte die Hudson Bay Company über viele Jahrzehnte durch den Verkauf von Fellen von Schneeschuhhasen und Luchsen gute Gewinne erzielt. Aufgrund der sehr genauen Buchführung trat folgender Zusammenhang zutage: Die Anzahl der von den Jägern angelieferten Felle unterlag periodischen Schwankungen, die gut die Populationsgrößen der beiden Arten widerspiegelten. Diese Schwankungen zeigten eine erstaunliche etwa elfjährige Periodizität (kAbb. 15). Da Luchse sich von Schneeschuhhasen ernähren, schienen diese Zyklen durch eine einfache Räuber-Beute-Beziehung erklärbar zu sein: Große Beutehasenpopulationen fördern zunächst die Luchspopulationen. Deren Anwachsen wirkt dann jedoch hemmend auf die Beutehasenpopulation. Der darauffolgende Populationsrückgang der Beutehasen führt seinerseits zur Abnahme der Luchspopulation. Nun kann die Beutehasenpopulation sich erholen und der Zyklus beginnt von neuem. Diese Zyklen lassen sich mathematisch durch das so genannte Lotka-Volterra-Modell1 beschreiben (kAbb. 15). Daraus lassen sich die folgenden Lotka-Volterra-Regeln ableiten: 1. Regel: Die Populationsgrößen von Räuber und Beute schwanken periodisch um einen Mittelwert. Eine hohe Räuberdichte folgt dabei phasenverschoben einer hohen Beutedichte. 2. Regel: Langfristig bleiben die mittleren Populationsdichten konstant. 3. Regel: Nach starker Dezimierung beider Populationen erholt sich erst die Beutepopulation, zeitversetzt auch die der Räuber. Ganz so einfach ist es dann allerdings nicht: Die Hasenpopulation schwankt selbst dann, wenn keine Luchse vorhanden sind, und zwar wegen des unterschiedlichen Nahrungsangebots. 1 Lotka-Volterra-Modell: Das mathematische Modell zur Beschreibung der Populationsschwankungen von Räubern und Beute wurde von den Mathematikern Alfred James Lotka (1880 –1949) und Vito Volterra (1860 –1940) entwickelt. Die Lotka-Volterra- Regeln beschreiben die Entwicklung von Populationen in einfachen Räuber- Beute-Beziehungen Steuerung und Regelung Räuber- und Beute-Populationen beeinflussen sich gegenseitig. Abb.15: Zyklische Populationsschwankungen von Luchs und Schneeschuhhase können mit dem Lotka-Volterra-Modell beschrieben werden. Das Modell beschreibt allerdings nur, es erklärt nicht. Anzahl der Hasenfelle (Tausend) Anzahl der Luchsfelle (Tausend) 20 40 60 80 0 20 40 60 80 100 120 140 160 1845 1855 1865 1875 1885 1895 1905 1915 1925 1935 Zeit Anzahl der Individuen Jeder Populationszyklus besteht aus einem Anstieg bis zu einem Gipfel und einem anschließenden Rückgang auf einen Tiefpunkt vor dem nächsten Anstieg. Die Räuber-Beute-Zyklen im Lotka-Volterra-Modell entsprechen denen von Luchs und Schneeschuhhase gut. Diese Räuber-BeuteZyklen folgen einem regelmäßigen Muster. Anzahl der Luchse (Räuber) Anzahl der Hasen (Beute) Mittelwert 1 W Liste für eine Art deiner Wahl alle Faktoren auf, die ein unkontrolliertes und damit exponentielles Wachstum verhindern. 2 W Zeichne ein Schema, das die Beziehung von Räuber und Beute in Form eines Regelkreises mit positiver und negativer Rückkopplung veranschaulicht. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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