am Puls Biologie 6, Schulbuch

124 Die Umweltkapazität eines Lebensraums begrenzt die Zahl der Individuen einer Art Das Darmbakterium Escherichia coli teilt sich unter idealen Bedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit, Nahrung) alle 20 Minuten. Nach zwei Teilungen sind aus einem Bakterium 22 = 4, nach 3 Teilungen 23 = 8 Bakterien geworden. Die Anzahl der Bakterien steigt exponentiell. 24 Stunden später würden alle entstandenen Bakterien zusammen das Volumen eines Mehrfamilienhauses ausfüllen. Nach einem weiteren Tag wäre die Größe der Erde erreicht. Da wäre dein Darm längst geplatzt. Natürlich kommt es nicht soweit, denn die Menge verfügbarer Nährstoffe nimmt mit zunehmender Zahl der Bakterien ab. Ausgeschiedene Stoffwechselprodukte hemmen zudem die Vermehrung. Der Platz wird eng. Daher vermehrt sich kein Lebewesen dauerhaft exponentiell. Biotische und abiotische Faktoren eines Lebensraumes regeln die Anzahl der Mitglieder einer Art. Jeder Lebensraum hat ein bestimmtes Fassungsvermögen für eine Art, die Umweltkapazität (K). Die meisten Arten vermehren sich deswegen eher logistisch: Die Anzahl der Individuen steigt zunächst fast exponentiell, schwächt sich dann ab und pendelt sich schließlich bei dem Kapazitätswert ein, der für diese Art in diesem Lebensraum gilt (kAbb. 14). Allerdings unterscheiden sich einzelne Arten hinsichtlich ihrer Vermehrungsgeschwindigkeit. Bakterien oder Blattläuse können in extrem kurzer Zeit beinahe explosionsartig zunehmen, wenn die Lebensbedingungen günstig sind. Solche Arten werden r-Strategen (r = Reproduktion) genannt. Bäume oder Großsäuger wie der Elefant halten die Zahl ihrer Individuen relativ konstant an der Kapazitätsgrenze ihres Lebensraums und gelten daher als K-Strategen (K = Kapazität). Das gelingt aber nur, wenn die Umweltbedingungen einigermaßen gleichbleiben. r- und K-Strategien sind idealisierte Grenzfälle, zwischen denen es fließende Übergänge gibt. Merkmale von r- und K-Strategen sind in Tabelle 4 gegenübergestellt. r-Strategen investieren viel Energie in die Erzeugung hoher Nachkommenzahlen. Sie bleiben daher meist klein und sind kurzlebig. K-Strategen investieren mehr in die Sicherung der individuellen Existenz, indem sie die Nachkommen oft aufwändig versorgen. Die Einordnung einer Art als r- oder K-Stratege ist relativ. Die Maus ist im Vergleich zum Wasserfloh ein K-, im Vergleich zum Elefant ein r-Stratege. Die meisten Arten wachsen logistisch Steuerung und Regelung Die Umweltbedingungen haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie schnell sich eine Population vermehren kann. Reproduktion Die Anzahl an Nachkommen hängt von Vermehrungsstrategie und Umweltbedingungen ab. Abb.14: a) Erwartete Vermehrung bei exponentiellem, logistischem und linearem Wachstum. b) Die Vermehrung des Getreidekapuzinerkäfers stellt eine logistische Wachstumskurve dar. Zeit (Tage) Anzahl geschlechtsreifer Käfer 200 400 K 200 100 Zeit (Wochen) Anzahl Blattläuse 250 100 120 750 500 0 35 30 25 20 15 10 5 Umweltkapazität Bei exponentiellem Wachstum wird der Zuwachs immer größer (nach 10 Wochen gäbe es 120 Blattläuse). Bei linearem Wachstum gäbe es nach 10 Wochen nur 35 Blattläuse. Das entspricht nicht der Realität. Bei logistischem Wachstum wird der Zuwachs mit der Zeit geringer (ca. 100 Blattläuse nach 10 Wochen). Das ist realistischer. Modellrechnung logistisches Wachstum Messwert Tab. 4: Die Vermehrung von r- und von K-Strategen ist an ihre Umwelt angepasst. Merkmal r-Strategen K-Strategen Umweltpräferenz wechselhafte Umwelt konstante, vorhersagbare Umwelt Körpergröße meist klein oft recht groß Lebensdauer kurz lang Nachkommenzahl sehr hoch gering Vorsorge für die Nachkommen fehlend bis gering hoch (Brutpflege bei Tieren, Reservestoffe bei Pflanzen) Konkurrenzkraft gering hoch Ortstreue gering hoch Populationsgröße stark schwankend relativ konstant Beispiele Bakterien, viele Planktonorganismen Waldbäume, Großsäuger Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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