am Puls Biologie 6, Schulbuch

114 Lebewesen zeigen gegenüber bestimmten Umweltfaktoren eine enge oder weite Toleranz Die Bachforelle braucht kaltes Wasser. Den Kabeljau trifft man in Nordatlantik und Eismeer, in Nord- und Ostsee sowie vor der Küste Portugals. Manche Arten sind offenbar toleranter gegenüber Veränderungen eines Umweltfaktors als andere. Für jeden Umweltfaktor kann man Toleranzkurven erstellen. Sie zeigen den Optimalbereich, den Präferenzbereich, den Toleranzbereich und den Randbereich für eine bestimmte Art. Zudem wird ersichtlich, welche Werte eines Umweltfaktors nicht unter- bzw. überschritten werden dürfen (Minimum bzw. Maximum) (kAbb. 2). So unterscheidet sich die Temperatur-Toleranz von Kabeljau und Bachforelle deutlich. Die Bachforelle überlebt nur in einem engen Bereich kalter Temperaturen. Sie ist kalt-stenotherm1. Der Kabeljau dagegen ist eurytherm2: Er erträgt Temperaturen zwischen 0 und 20 °C. In der Natur wirken allerdings viele Faktoren auf einen Organismus. Arten mit geringer Toleranz gegenüber mehreren Umweltfaktoren werden stenök genannt, solche mit einem weiten Toleranzbereich euryök. Euryöke Arten können in verschiedensten Lebensräumen existieren, während stenöke Arten weniger Auswahl haben. Doch können verschiedene Lebensstadien unterschiedliche Toleranzbereiche haben. Eine Art kann nur in einem Lebensraum existieren, wenn die Umweltfaktoren für alle ihre Entwicklungsstadien passen. Das Vorkommen einer stenöken Art an einem Standort lässt Rückschlüsse auf die dortigen Umweltbedingungen zu. So weist das Vorkommen von Brennnesseln auf nitratreiche Böden hin. Torfmoos wächst bei einem Boden-pH-Wert von 3–4, während Huflattich pH-Werte von 7–8 benötigt. Stenöke Arten sind somit Zeigerarten (Bioindikatoren; kTab. 2) und ermöglichen weitergehende Aussagen als physikalisch-chemische Messungen von Umweltfaktoren. Denn Messwerte stellen nur eine Momentaufnahme dar. Das Vorkommen von Zeigerarten deutet jedoch darauf hin, dass bestimmte Umweltfaktoren nicht nur zum Zeitpunkt der Messung, sondern dauerhaft oder zumindest überwiegend in einer für die Art günstigen Intensität vorlagen. 1 stenotherm: stenos (griech.) = eng, thermos (griech.) = warm 2 eurytherm: eurys (griech.) = breit 3 stenök: oikos (griech) = Haus Experimentell ermittelte Toleranzkurven zeigen, wie tolerant eine Art gegenüber einem bestimmten Faktor ist Es gibt stenöke und euryöke Arten Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Manche Arten ertragen große Schwankungen von bestimmten Umweltfaktoren. Andere sind darauf angewiesen, dass ihre Umweltbedingungen möglichst konstant bleiben. 3 Abb. 2: Allgemeines Schema für Toleranzkurven. Minimum (Tod) Maximum (Tod) Werte für den Umweltfaktor, zB Temperatur Toleranzbereich Optimum Präferenzbereich gemessene Vitalität In diesem Randbereich (Pessimum) kann ein Organismus überleben, sich aber nicht fortpflanzen. Der Präferenzbereich ist der Bereich des Umweltfaktors, den die Organismmen bei freier Wahl vorziehen. Der Toleranzbereich ist der Gesamtbereich, in dem die Organismen einer Art existieren können. Das Optimum ist der Wert des Umweltfaktors mit der höchsten Vitalität der Organismen. Tab. 2: Pflanzen und Flechten als Zeigerarten. Pflanze Umweltfaktor Brennnessel, Schöllkraut, Giersch stickstoffreicher Boden Hunds-Rose, Eberesche, Königskerze lichtreicher Standort Sauerklee, Eibe, Springkraut schattiger Standort Heidelbeere, Heidekraut, Sonnentau saurer Boden Leberblümchen, Küchenschelle, Aronstab kalkhaltiger Boden Preiselbeere, Ginster, Sonnentau stickstoffarmer Boden Sumpfdotterblume, Wollgras, Brunnenkresse nasser Boden Zypressen-Wolfsmilch, Heidekraut, Natternkopf trockener Boden Strandflieder, Queller, Strand-Grasnelke salzhaltiger Boden Galmei-Veilchen schwermetallhaltiger Boden Flechten: Bartflechte, Buschige Astflechte, Echte Lungenflechte Standorte mit guter Luftqualität Zeigerarten haben eine enge Toleranz gegenüber Umweltfaktoren; sie sind stenök Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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