am Puls Biologie 5, Schulbuch

Aufgaben 176 6.2 Biotechnologie: Medizin, Brot und Gentechnik Ein Antibiotikum aus einem Pilz Stell dir vor, du erforscht das Wachstum von Bakterien und bist auf der Suche nach Stoffen, die eine Vermehrung dieser Mikroorganismen verhindern. Nach den Ferien kommst du in dein Labor und entdeckst mit Schrecken: In einer Schale, in der du Bakterien gezüchtet hast, hat sich ein Schimmelpilz breitgemacht! Du schaust genauer hin und stellst erstaunt fest: Um den Pilz herum wachsen keine Bakterien. Genau das erlebte der schottische Mikrobiologe Alexander Fleming im Jahr 1928 (kAbb. 16). Er vermutete sofort, dass eine vom Pilz produzierte Substanz dafür verantwortlich sein musste. Abb.16: Alexander Flemings Entdeckung des Penicillins. Das Foto zeigt die originale Petrischale aus dem Jahr 1928. Der große weiße Fleck am unteren Rand ist der Schimmelpilz Penicillium. Die kleinen Flecken sind Bakterienkolonien. Kolonien in der Nähe des Pilzes sind abgestorben und verblasst. Doch erst zehn Jahre später gelang es Howard Florey und Ernst Chain, diesen Stoff zu isolieren. Weil der Pilz, der ihn produzierte, Penicillium hieß, wurde dieses erste Antibiotikum1 Penicillin genannt. Im Mai 1940 infizierten die beiden Forscher 16 Ratten mit einer tödlichen Dosis Streptokokken2. Vier Ratten erhielten Penicillin und überlebten, während alle Ratten, die unbehandelt blieben, nach 16,5 Stunden tot waren. Ein Jahr danach wurde ein Londoner Polizist mit dem neuen Stoff behandelt. Er hatte sich mit einer Rasierklinge geschnitten und litt unter einer Blutvergiftung. Nach fünf Tagen war er fieberfrei. Nur war mittlerweile das gesamte Penicillin verbraucht. Der Mann starb einen Monat später. Offenbar erforderte eine erfolgreiche Therapie, dass ein Patient die Medizin auch dann noch einnimmt, wenn er sich wieder gesund fühlt. Endlich gab es ein Medikament gegen viele bakterielle Infektionen. Im Jahr 1945 erhielten Fleming, Florey und Chain dafür den Nobelpreis. 1 Antibiotikum: Substanz, die Bakterien abtötet oder ihre Vermehrung hemmt 2 Streptokokken: Bakterien, die zB Blutvergiftung, Hirnhautentzündung oder Lungenentzündung hervorrufen können Alexander Fleming und das Penicillin Information und Kommunikation Viele Mikroorganismen scheiden Stoffe aus, um ihre Umwelt zu ihren Gunsten zu beeinflussen – in diesem Fall, um konkurrierende Mikroorganismen fernzuhalten. Biotechnologie ist die Kombination der Nutzung von Lebewesen und Technik Millionen von Menschen verdanken diesem Stoff ihr Leben. Doch zeigt die Geschichte des Penicillins, dass die Entdeckung allein nicht ausreichte, um Leben zu retten. Erst die industrielle Herstellung brachte den Durchbruch. Dafür brauchte man Pilzstämme, die viel Penicillin produzierten, denn die Ausbeute normaler Kulturen war viel zu gering. Bald waren Mutanten3 gefunden, die aufgrund eines Gendefekts deutlich mehr Penicillin absonderten. Die Pilze werden mittlerweile in großen Behältern, den Fermentern4 gezüchtet (kAbb. 17). Sauerstoffgehalt und Temperatur werden genau geregelt. Die Behälter müssen absolut steril sein, denn die Pilzmutanten sind empfindlich, und natürlich darf es in der Medikamentenherstellung keine Verunreinigungen geben. Schließlich muss das Penicillin isoliert, gereinigt und für die Behandlung in Form von Spritzen oder Tabletten zubereitet werden. All das verlangt eine ausgefeilte Technologie. Abb.17: Produktion von Penicillin. Die Herstellung von Penicillin geschieht in so genannten Fermentern. 3 Mutant: mutare (lat.) = verändern, verwandeln; Lebewesen, das sich genetisch von anderen seiner Art unterscheidet 4 Fermenter: fermentum (lat.) = Gärung, Gärstoff; Gärbehälter Penicillin wird heute industriell erzeugt 1 S Warum ist es nötig, Antibiotika über einen längeren Zeitraum zu nehmen? Frag deine Hausärztin oder deinen Hausarzt und verfasse einen kurzen Beratungstext für die Arztpraxis. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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