am Puls Biologie 5, Schulbuch

170 Einfuhrzölle und Agrarsubventionen beeinflussen den Anbau von Nahrungsmitteln Korrupte Regierungen, Kriege, fehlende Transportmöglichkeiten und der Anbau von Feldfrüchten für den Export statt für den eigenen Markt verschärfen oft die Not. Zudem schützen sich viele Regionen wie Europa und Nordamerika durch Zölle auf bestimmte Waren. So erließ die Europäische Union im Juli 2014 Einfuhrzölle von 5,32 Euro pro Tonne Mais, Roggen und Sorghum, der wirtschaftlich wichtigsten Getreideart in Afrika. Damals gab es weltweit Rekordernten und dadurch Niedrigpreise. Daher wurde diese Maßnahme getroffen, um die heimische Landwirtschaft zu schützen. Für Länder, die diese Getreidearten billiger erzeugen konnten, war es nun deutlich teurer, nach Europa zu liefern. Mindestens genauso schädlich ist die Subvention landwirtschaftlicher Produkte (also die finanzielle Unterstützung einer Regierung zur Entwicklung, Herstellung oder Ausfuhr von Produkten) in den reicheren Ländern und deren Verkauf zu Dumpingpreien. Dadurch wird europäisches oder US-amerikanisches Getreide auf dem Weltmarkt zu Preisen angeboten, die weit unterhalb dessen liegen, was afrikanische Bäuerinnen und Bauern verlangen müssen, um überleben zu können. Dabei produzieren sie zu weit günstigeren Bedingungen. Der lokale Anbau lohnt sich nicht mehr, weil eingeführte Nahrungsmittel billiger sind. Wenn deren Preise aber irgendwann steigen, fehlt eine funktionierende Landwirtschaft vor Ort – Nahrungsmittel werden knapp. Die Subvention von exportiertem Getreide aus Europa oder den USA lässt dessen Anbau anderswo unwirtschaftlich werden Bevölkerungswachstum, Wasserknappheit und Klimawandel Eine wachsende Bevölkerung braucht aber nicht nur immer mehr Nahrung. Weite Regionen der Erde leiden unter akutem Mangel an Wasser. Im Jahr 2020 hatten laut Schätzungen der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser – immerhin mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung! Diese Situation wird sich noch verschärfen, denn weniger als ein Prozent des weltweiten Wasservorrats stehen uns als Trinkwasser zur Verfügung. Dieses Wasser wird jedoch vielfach genutzt – und ist auf der Welt extrem ungleich verteilt. Während Österreich eine hervorragende Wasserversorgung hat, gibt es in Gegenden wie Zentralafrika immer wieder jahrelange Trockenzeiten (siehe dazu auch die Aufgaben auf Seite 171). Während wir Wasser im Überfluss haben, fehlt es anderswo. In Zukunft könnte es daher zu Kriegen um Wasser kommen. Beispielsweise gibt es bereits jetzt einen Konflikt zwischen Ägypten und Äthiopien um das Wasser des Nil. Ein weiterer Faktor spielt eine Rolle: der Klimawandel. Niemand weiß genau, wie sich das Klima entwickeln wird. Vielerorts dürften Wetterextreme wie Dürren und Überschwemmungen zunehmen. Der steigende Meeresspiegel wird Küstenstädte bedrohen. Vermutlich müssen dann viele von denen, die einst auf der Suche nach Arbeit vom Land in die Stadt gezogen sind (siehe S. 168), woandershin fliehen. Der Klimawandel wird dadurch verursacht, dass immer mehr Treibhausgase (siehe S. 174) ausgestoßen werden, um die Bedürfnisse einer wachsenden und anspruchsvolleren Bevölkerung zu erfüllen. Wasser ist extrem ungleich verteilt Reproduktion Je mehr Menschen, desto höher der Verbrauch von Wasser und Brennstoffen. Flucht vor dem Hunger Oft ist es nicht die Suche nach Jobs, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen, sondern der Mangel an Nahrung und Wasser, der nicht selten durch bewaffnete Konflike verschärft wird. Das kennen wir auch aus der Geschichte Europas. Um 1850 breitete sich ein neuer Pilz in Europa aus: Phytophthora infestans – die Kartoffelfäule. Innerhalb von zwei Tagen kann er ein ganzes Kartoffelfeld vernichten. In Mitteleuropa hielten sich die Folgen in Grenzen, ua. weil die Behörden rechtzeitig die Ernte an trockenen Tagen einbringen ließen. Zudem war die Kartoffel als Nahrungsmittel nicht so wichtig wie in Irland. Dort wurde sie großflächig in Monokultur angebaut – der Pilz hatte leichtes Spiel. Auch zeigte die englische Regierung, die damals über Irland herrschte, wenig Interesse, der irischen Bevölkerung zu helfen. Teilweise wurde trotz der Nahrungskrise Getreide aus Irland nach England verschifft. So starben etwa eine Million Menschen an den Folgen der „Großen Hungersnot“. Weitere zwei Millionen Irinnen und Iren verließen das Land. Viele von ihnen wanderten nach Amerika aus, darunter die Vorfahren der US-amerikanischen Präsidentenfamilie Kennedy. Diese Ereignisse in der Geschichte Irlands waren zumindest zum Teil eine Folge der Ausbeutung eines Landes durch ein anderes. Besonders Afrika ist ein Kontinent, der lange an der Besatzungspolitik vornehmlich europäischer Regierungen zu leiden hatte. Heutzutage sind es allerdings meist andere Gründe, die zu Hungersnöten führen. So katastrophal extreme Dürren und Unwetter sind, die Weltgemeinschaft könnte über Nahrungstransporte meist schnell Abhilfe schaffen. Hungersnöte haben oft andere Ursachen als Naturkatastrophen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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