am Puls Biologie 5, Schulbuch

167 Humanökologie 6.1 Humanökologie: Die Zukunft der Menschheit Die Zahl der Menschen wächst rasant, aber nicht überall Gibt es Grenzen des Wachstums? 8,9 Millionen Menschen lebten im Jahr 2019 in Österreich. Das klingt nach einer großen Zahl. Tatsächlich sind das aber nur 0,1 Prozent der Weltbevölkerung. Ungefähr 2 600 km südöstlich von Österreich liegt Jordanien. Es beherbergt 10,1 Millionen Einwohner (kAbb. 1). Beide Länder haben also eine annähernd gleich große Bevölkerung. Wird das noch so sein, wenn einmal deine Kinder in die Schule gehen? Österreich und Jordanien unterscheiden sich in ihrem politischen System, ihrer Kultur, Religion, Geografie und Wirtschaft. Auch die Bevölkerungsentwicklung wird aller Voraussicht nach in Jordanien anders verlaufen als bei uns. Zwar ist die Säuglingssterblichkeit in Jordanien mit 17 pro 1 000 Geburten (Österreich: 3) höher und die Lebenserwartung mit 75 Jahren um 7 Jahre geringer als hierzulande. Eine jordanische Frau bringt im Durchschnitt 3,2 Kinder zur Welt – in Österreich sind es nur 1,5. Hochgerechnet für das Jahr 2050 werden daher in Österreich vermutlich 9,5 Millionen Menschen leben, in Jordanien hingegen 11,8 Millionen. Noch drastischer ist ein Vergleich mit der Zentralafrikanischen Republik, einem der ärmsten Länder der Welt. Hier lebten im Jahr 2019 nur 4,7 Millionen Menschen, doch werden es 2050 knapp 9 Millionen sein – trotz einer Lebenserwartung von nur 53 Jahren und einer Säuglingssterblichkeit von 133 pro 1 000 Geburten. Dort gebärt eine Frau im Durchschnitt vier Kinder. Ob und wie sehr die Bevölkerung eines Landes ab- oder zunimmt, hängt also davon ab, wie viele Kinder in einem bestimmten Zeitraum geboren werden, und wie viele Menschen in diesem Zeitraum sterben. Man nennt dies die Geburtenbilanz1 (Zahl der Geburten minus Sterbefälle). Zusätzlich hängt die Bevölkerungsveränderung von der Ein- oder Auswanderung ab. Eine hohe Geburtenrate, verbunden mit einer geringen Lebenserwartung, hat zur Folge, dass es in einem Land besonders viele junge Menschen gibt. So sind in der Zentralafrikanischen Republik fast die Hälfte aller Einwohner jünger als 15 Jahre – in Österreich sind es nur 14 Prozent. Die Bevölkerung von Ländern mit einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen wird auch in den nächsten Jahrzehnten wachsen, da diese Menschen erst in das Alter der Familiengründung kommen. Die österreichische Bevölkerung würde ohne Zuzug aus dem Ausland schon seit den 1970er Jahren nur sehr wenig wachsen. In manchen Jahren wäre sie sogar geschrumpft. Österreich 2019: 8,9 Mio. 2050: 9,5 Mio. Jordanien 2019: 10,1 Mio. 2050: 11,8 Mio. Zentralafrikanische Republik 2019: 4,7 Mio. 2050: 9 Mio. Abb.1: Bevölkerung von Österreich, Jordanien und der Zentralafrikanischen Republik – aktuelle Zahlen (2019) und Schätzwerte für 2050. 1 Geburtenbilanz: Zahl der Geburten minus Sterbefälle Eine Frau in Österreich bringt im Schnitt 1,5 Kinder zur Welt, eine Frau in der Zentralafrikanischen Republik vier Kinder Ginge es darum, die künftige Zahl der Menschen vorherzuberechnen, zeigten bisher alle Kurven steil nach oben. Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus Singapur und den USA nutzten im Jahr 2014 neue mathematische Modelle, um die Entwicklung der Weltbevölkerung zu simulieren. Ihren Berechnungen zufolge werden Ende des Jahrhunderts mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent zwischen 9,6 und 12,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Das wären mindestens 2,5 Milliarden mehr als derzeit (kAbb. 2). Allerdings werden Europa und Asien ab dem Jahr 2050 vermutlich eine Abnahme ihrer Einwohnerzahlen erleben, während für Afrika weiterhin eine deutliche Zunahme angenommen wird. Die Weltbevölkerung wird zunächst stark wachsen, könnte aber irgendwann wieder abnehmen Abb. 2: Globale Bevölkerungsentwicklung. Die unterschiedlichen Spannbreiten kommen durch unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten zustande: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% beträgt die Weltbevölkerung 2100 9,6 bis 12,3 Milliarden (dunkle Fläche), mit einer Wahrscheinlichkeit von 95%, 9 bis 13,2 Milliarden. Mit abnehmender Schwankungsbreite sinkt die Treffsicherheit der Prognose (nach Gerland et al., Science 2014). 14 12 10 8 6 4 6 5 4 3 2 1 0 Bevölkerung global (Milliarden) Bevölkerung (Milliarden) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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