am Puls Biologie 5, Schulbuch

14 Bakterien sind vielfältige Prokaryoten Mit Salmonellen verseuchte Lebensmittel, Pest oder eiternde Wunden sind Schlagworte, die uns einfallen, wenn von Bakterien die Rede ist. Sie verhelfen dieser so vielfältigen Organismengruppe oft zu einem schlechten Ruf. Schnell vergessen sind die Bakterien in den Böden, die gemeinsam mit den Pilzen organische Stoffe mineralisieren und wieder pflanzen-verfügbar machen, und Bakterien, die unsere Abwässer in den natürlichen Gewässern und Kläranlagen säubern oder Pflanzenfressern beim Verdauen der Zellulose (Cellulose) helfen. Gern essen wir Joghurt oder Sauerkraut, ohne uns bewusst zu sein, dass zu ihrer Herstellung Bakterien notwendig sind. Auch werden viele Medikamente, wie zum Beispiel Insulin, heute mit Hilfe von Bakterien großtechnisch produziert. Mehr darüber erfährst du im Kapitel Biotechnologie (siehe S. 176). Nur wenige Bakterien machen uns krank. Vor etwa 2,7 Milliarden Jahren reicherte sich der erste elementare Sauerstoff in unserer Erdatmosphäre an: das Fotosyntheseprodukt von Cyanobakterien (siehe S. 15). Bakterien sind im Vergleich zu Eukaryotenzellen einfach gebaute, in ihrem Stoffwechsel jedoch äußerst vielfältige Lebewesen. Zum ersten Mal wurden Bakterien im 17. Jahrhundert von Antoni van Leeuwenhoek1 mit einem selbstgebauten Mikroskop beobachtet. Heute wird geschätzt, dass der Großteil der auf der Erde vorkommenden Bakterien nach wie vor unbekannt ist (wahrscheinlich mehr als 95%). Rund um uns lebt eine unglaubliche Anzahl davon. Stell dir vor: Die gesamte Biomasse aller Bakterien auf der Erde (darunter versteht man die gemeinsame Masse aller Bakterien) ist größer als die aller Pflanzen und Tiere! Bakterien sind 1–10 Mikrometer groß, das heißt du kannst sie mit freiem Auge nicht sehen. Sie treten in vielfältigen Formen auf. An ihrer Oberfläche tragen viele Bakterien unterschiedliche Fortsätze. Fimbrien und Pili dienen zum Anhaften an Oberflächen (siehe S. 29). Sexpili3 (kAbb. 5) dienen Bakterien zum Austausch von Erbmaterial untereinander. Geißeln (Flagellen) werden zur Fortbewegung benutzt (kAbb. 4). 1 Antoni van Leeuwenhoek: niederländischer Naturforscher und Mikroskopbauer, 1632–1723 3 Sexpili: sexus (lat.) = Geschlecht, pilus (lat.) = Haar; Proteinröhrchen, mit dessen Hilfe Bakterien DNA untereinander austauschen können Bakterienzellen sind einfacher aufgebaut als eukaryotische Zellen Reproduktion Die asexuelle (ungeschlechtliche) Zweiteilung ist eine Möglichkeit der raschen und kostensparenden Fortpflanzung, da nicht erst ein Fortpflanzungspartner gefunden werden muss. Alle Nachkommen haben identes Erbmaterial. Damit trotzdem eine genetische Vielfalt ermöglicht wird (ein Vorteil geschlechtlicher Fortpflanzung), kommt es zum Austausch genetischen Materials über Sexpili. Abb. 4: Bakterium Pseudomonas sp.: gefärbte mikroskopische Aufnahme. Die Proteinfäden (Fimbrien) dienen zum Anheften an Oberflächen. Mit Geißeln ausgetattete Bakterien können sich fortbewegen. Abb. 5: Austausch von Erbmaterial zweier Bakterien (E. coli) mittels Sexpili. Über Sexpili tauschen Bakterien Erbmaterial miteinander aus. Wie Bakterien sich fortpflanzen Bakterien pflanzen sich ungeschlechtlich (asexuell) durch einfache Zweiteilung fort (kAbb. 6). Sie können sich auf diese Weise rasant vermehren. Daneben sind Bakterien aber auch imstande, auf verschiedene Weisen Erbmaterial auszutauschen. Das Darmbakterium Escherichia coli 2 (E. coli) (kAbb. 5, siehe auch S. 15) kann sich beispielsweise alle 20 Minuten zweiteilen. Hätte sie unbegrenzt viele Nährstoffe zur Verfügung, würde eine Bakterienkolonie ausgehend von einem einzigen Individuum nach 20 Minuten zu zwei Individuen, binnen einer Stunde zu acht, und binnen drei Stunden zu 512 Individuen anwachsen. Rasch würde eine solche Kolonie ihren gesamten Lebensraum überwuchern. Unter Bakterienwachstum versteht man hier das Wachstum der Kolonie, nicht das eines Individuums. 2 Escherichia coli (E. coli): stäbchenförmiges Darmbakterium; Harmlose Formen sind Teil unserer Darmflora. Es existieren auch Formen, die Krankheiten verursachen. E. coli ist ein Modellorganismus in der Mikrobiologie und gehört zu den am besten untersuchten Prokaryoten. Bakterien vermehren sich in erster Linie durch Zweiteilung Abb. 6: Bakterien vermehren sich durch Zweiteilung. Hier teilt sich ein weiteres menschliches Darmbakterium (Proteus vulgaris). 2µm Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv

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