am Puls Biologie 5, Schulbuch

118 Tracheen: Belüftungssystem für den Körper Während höher entwickelte Wassertiere fast ausschließlich mit Kiemen atmen, haben sich bei Landtieren recht unterschiedliche Atmungssysteme entwickelt. Bei Tausendfüßern und Insekten entstand ein einzigartiges Belüftungssystem: die Tracheen1. Tausendfüßer und Insekten (diese Tiergruppen werden auch als Tracheata zusammengefasst) besitzen einen harten, wasserdichten Chitinpanzer. Dieser Panzer schützt die Tiere vor Verletzungen und Austrocknung. Zugleich schränkt er aber die Hautatmung fast völlig ein, so dass ein anderes Atmungssystem nötig ist. Besonders Insekten haben einen hohen O2-Bedarf, denn sie besitzen einen sehr leistungsfähigen Stoffwechsel – v. a. das Fliegen benötigt sehr viel Energie. Die Lösung sind im Wesentlichen „Löcher in der Rüstung“: Am Hinterleib, manchmal auch an der Brust, befinden sich seitlich mehrere Öffnungen, die als Stigmata2 oder Atemlöcher bezeichnet werden. Durch die Stigmata gelangt Luft in dünne Röhren, die den ganzen Körper durchziehen. Diese Röhren heißen Tracheen (kAbb. 11). Diese Beschreibung klingt einfach, doch bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass das Tracheensystem sehr kompliziert ist. Schon die Stigmata sind nicht einfach nur Löcher, sondern komplexe Gebilde, die vielfach Schutzvorrichtungen oder Schließmechanismen besitzen. Die Tracheen selbst besitzen eine Versteifung aus Chitin – man könnte sagen, der Chitinaußenpanzer reicht in den Körper der Insekten hinein. Dadurch sind die Tracheen stabil und werden nicht vom umliegenden Gewebe flach gedrückt. Nachteilig ist dabei, dass Insekten bei der Häutung auch die chitinisierten Tracheen mithäuten müssen. Dies ist ein aufwändiger Vorgang, der unter Umständen mit tödlichen Verletzungen des Tieres enden kann. Wie in Abbildung 11 zu sehen ist, sind die Tracheen im ganzen Körper verteilt. Im Unterschied zu den kompakten Lungen der Landwirbeltiere benötigt es daher kein aufwändiges Kreislaufsystem, um den Sauerstoff zu den Zellen zu befördern. Die Gasverteilung erfolgt großteils passiv durch Diffusion durch die Röhren. Lediglich besonders große oder aktive Insekten sorgen durch Pumpbewegungen des Körpers für aktive Durchlüftung. Dennoch ist die Leistungsfähigkeit dieses Atmungssystems beschränkt (im Vergleich zur Kombination aus Lungen und Blutkreislauf bei Landwirbeltieren). Daher ist die maximale Größe der Insekten auch auf einige Zentimeter begrenzt. Im Erdaltertum (Paläozoikum), zu einer Zeit mit besonders hohem Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre, gab es dagegen Libellen mit bis zu 50 cm Körperlänge. 1 Tracheen: Bezeichnung für (oft durch Ringe versteifte) Röhren; Nicht nur die Atmungsröhren der Insekten werden so bezeichnet, auch die Wassertransportgefäße der Pflanzen heißen Tracheen. Der Begriff stammt ab vom lateinischen Wort für Luftröhre, trachea, das sich vom griechischen Begriff für rau, trachys, ableitet. Kleinere Insektentracheen werden als Tracheolen bezeichnet, kleinere Pflanzentracheen als Tracheiden. 2 Stigmata: Einzahl Stigma; Der Begriff stammt vom griechischen Wort für Wundmal oder Brandmal und wird in vielen Bedeutungen verwendet, etwa für die Wundmale Jesu Christi, Schandmale (im sozialen Bereich), sowie in mehreren Bedeutungen in Biologie und Psychologie. Tracheen befördern den Sauerstoff direkt zu den Zellen. Stigmata sind Atemlöcher, die die Tracheen mit der Umwelt verbinden Struktur und Funktion Das Prinzip der Oberflächenvergrößerung ist in der Biologie allgegenwärtig. Auch alle Atmungsorgane arbeiten nach diesem Prinzip. Tracheen, Kiemen und Lungen erhöhen die Fläche, an der Diffusion auftritt, oft um das Hundertfache. Während Kiemen Ausstülpungen der Haut sind, sind Tracheen und Lungen Einstülpungen. Abb.11: Tracheen der Insekten. Ein Röhrensystem durchzieht den Körper und versorgt alle Bereiche direkt mit Sauerstoff. Luftsäcke wirken als Blasebälge, um die Luftzirkulation zu verstärken. Trachee Luftsack Durch die Tracheen gelangt die Luft zu den Muskeln und den inneren Organen. Die Luftsäcke im Tracheensystem wirken als Blasebälge, wenn sich das Insekt bewegt. Durch kleine Öffnungen in der Brust und am Hinterleib kommt die Luft in das Insekt und aus dem Insekt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=