global Maturatraining

44 Veränderungen der geopolitischen Lage Österreichs erläutern 21 „… erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität …“ Nach zwei Weltkriegen war für viele Menschen in Österreich die Neutralität, wie sie im Staatsvertrag festgeschrieben ist, Garant für eine friedliche Entwicklung. In Zeiten des Kalten Krieges profilierte sich Österreich als neutraler Verhandlungsort und als Brücke zwischen West und Ost. Kann Österreich auch in Zukunft durch eine aktive Außenpolitik seine Position als neutraler Vermittler wahrnehmen? 1 Fassen Sie den Inhalt der Standortbestimmung Österreichs zusammen (M1). Erläutern Sie die wesentlichen Aussagen, die im Text zum Ausdruck kommen. " 2 Erörtern Sie die Bedeutung Wiens als Standort internationaler Organisationen (M2). Stellen Sie einen Bezug zu Österreichs Neutralität her. } Sicherheitspolitische Standortbestimmung Österreichs 2022 Der militärische Angriff Russlands auf die Ukraine, der am 24.2.2022 begann, markiert eine Zeitenwende. Mit einem Schlag wurden die europäische Sicherheitsarchitektur und die internationale Völkerrechtsordnung, die seit 1945 mühsam aufgebaut und in Geltung gesetzt wurden, zertrümmert. Was sind die rechtlichen Konturen der österreichischen Neutralität heute? Diese Fragestellung hat eine völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Dimension. Die österreichische Bundesverfassung wurde nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (1.12.2009) an die neue Rechtslage der EU durch Artikel 23 j BVG angepasst. Mit anderen Worten: Hier gilt die Neutralität nicht mehr, das gilt für das gesamte Instrumentarium der GASP, d.h. für das gesamte Spektrum von EU-Sanktionsmaßnahmen (z.B. Wirtschaftssanktionen) gegen Drittstaaten, ebenso wie für Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen („Petersberg-Einsätze“) außerhalb der EU. Die Neutralität ist mit Lissabon weiter geschrumpft; dies betrifft insbesondere die im Vertrag von Lissabon eingeführte Beistandsklausel (Art.42/(7): „Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Art. 51 der Charta der UN.“ Was bleibt daher von der österreichischen Neutralität übrig? In rechtlicher Hinsicht nicht viel – von den wesentlichen im Neutralitäts-BVG genannten Verpflichtungen bleibt das Verbot des Beitritts zu einem Militärbündnis aufrecht. Ein NATO-Beitritt wäre in dieser Hinsicht definitiv ein No-Go. Ein anderes Kapitel stellt das Verbot des Neutralitäts-BVG dar, militärische Stützpunkte auf österreichischem Gebiet zuzulassen. Bezogen auf den Ukraine-Konflikt z.B. ermöglicht aber das Truppenaufenthaltsgesetz die Zulassung des Aufenthaltes ausländischer Truppen in Österreich, wenn immer dies der Durchführung von relevanten Beschlüssen des UN-Sicherheitsrates, der EU im Rahmen der GASP, der OSZE oder in bestimmten Fällen anderer internationaler Organisationen dient. Das internationale Interesse an einer von der EU abgekoppelten Vermittlerrolle Österreichs als neutrales Land ist gegenüber früher merklich zurückgegangen; als Gründe werden genannt: geringere Bedeutung der Neutralität für eine Vermittlerfunktion; Österreich allein legt zu wenig politisches Gewicht auf die Waagschale, um isoliert als internationaler Vermittler erfolgreich sein zu können, und die Einbindung Österreichs in die GASP lässt wenige Spielräume für diplomatische Soloaktionen Österreichs offen. Andrerseits kann mit Genugtuung festgestellt werden, dass die Expertise österreichischer Diplomaten international nach wie vor sehr gefragt ist. (https://www.aies.at/publikationen/2022/aies-kommentar-02.php, Dr. Franz Cede, 30. 5. 2022, gekürzt, abgerufen am 10.11. 2022) M1 Was bleibt von Österreichs Neutralität? Die große Tradition Wiens als Sitz internationaler Organisationen geht bereits auf die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. 1951 kam die UNO erstmals mit einer Zweigstelle ihres Flüchtlingshilfswerks UNHCR in ein noch weitgehend zerstörtes Wien. Es war von Flüchtlingen überlaufen und durch die vier Alliierten Mächte militärisch besetzt. Seither haben sich mehr als 25 internationale Organisationen in Wien angesiedelt. Wien wurde somit zur Drehscheibe der internationalen Diplomatie. Seit 1957 hat die Internationale Atomenergieorganisation ihren Sitz in Wien, seit 1967 ist die Organisation für Industrielle Entwicklung (UNIDO) hier ansässig. Darüberhinaus befindet sich in Wien u. a. das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, wählte Wien 1994 als Standort. 1965 verlegte die OPEC ihren Sitz von Genf nach Wien. Neben den genannten haben noch zahlreiche weitere internationale Zentren ihren Standort in Wien. (nach: https://www.wieninternational.at/de/content/internationale-organisationen-de, abgerufen am 15. 2. 2016) M2 Internationale Organisationen mit Sitz in Wien Themenbereich 11 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=