36 Themenbereich 8 Der Historiker Eric Hobsbawm beschreibt in „Nationen und Nationalismus“, warum schon nach dem Ersten Weltkrieg das Selbstbestimmungsrecht auf der Basis von Nationalstaaten nicht funktionieren konnte: „Die auf den Trümmern der alten Reiche (Russland, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich) errichteten Staaten waren nicht weniger „multinational“ als die sogenannten alten „Völkerkerker“. Die logische Konsequenz aus dem Versuch, einen Kontinent säuberlich in zusammenhängende Territorialstaaten aufzuteilen, die jeweils von einer ethnisch und sprachlich homogenen Bevölkerung bewohnt wurden, waren die massenhafte Vertreibung oder Vernichtung von Minderheiten.“ (Wohlschlägl u.a.: Durchblick 6 kompetent. Wien: westermann wien im Verlag E. DORNER GmbH, 2014, S.100) M2 Zitat von Erik Hobsbawm Art. 27 der UNO-Menschenrechtskonvention „In Staaten mit ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten darf Angehörigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten werden, gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen, ihre eigene Religion zu bekennen und auszuüben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen.“ (http://www.humanrights.ch/de/internationale-menschenrechte/rechtsquellen/minderheitenrechte, abgerufen am 16. 2. 2016) M3 Auszug aus der UNO-Menschenrechtskonvention Flamen und Wallonen im Sprachenstreit Belgien ist seit 1994 ein in drei Regionen unterteilter Bundesstaat. Das niederländisch-sprachige Flandern ist 13 500 Quadratkilometer groß. In der knapp 16 000 Quadratkilometer großen Wallonie wird französisch gesprochen. Die beiden Sprachgebiete überschneiden sich in der Hauptstadtregion Brüssel. Die Flamen machen mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung von 10,4 Millionen aus, die Wallonen stellen knapp ein Drittel. Rund zehn Prozent gelten als zweisprachig. Dazu kommen etwa 74 000 Angehörige der deutschsprachigen Gemeinschaft im Osten der Wallonie. Die drei Regionen haben eigene Parlamente und Regierungen sowie eine eigene Finanz- und teilweise Steuerhoheit. Die niederländischen, französischen und deutschen Sprachgemeinschaften wiederum lenken in eigenen Institutionen die jeweilige Bildungs- und Kulturpolitik. Auch die großen belgischen Parteien treten bei nationalen Wahlen regional getrennt an und vertreten jeweils Flamen oder Wallonen. Vor allem in Brüssel überschneiden sich diese Gebiete. Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts schwelt der Streit zwischen den Bevölkerungsgruppen des Königreichs. Zunächst ging es vor allem um die Gleichberechtigung der niederländischen Sprache und Kultur mit dem bis nach 1945 dominierenden Französisch. Später vertiefte die wirtschaftliche Entwicklung die Kluft. Die Wallonie war bis zur Stahlkrise und dem Niedergang der Kohleförderung in den 1950er Jahren das wirtschaftliche und politische Zentrum. Heute steht Flandern wirtschaftlich besser da als das französischsprachige „Armenhaus“ und zahlt Schätzungen zufolge jedes Jahr sieben Milliarden Euro in den ärmeren Süden. (http://derstandard.at/1271374967668/Hintergrund-Flamen-und-Wallonen-im-Sprachenstreit; 22. 4. 2010, abgerufen am 16. 2. 2016) M4 Minderheiten in Belgien Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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