35 Chancen und Gefahren der Globalisierung erörtern Impfstoffpatente vor der Freigabe In den lang andauernden Streit über eine mögliche Freigabe von Patenten auf Covid-Impfstoffe kommt Bewegung. Nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) haben sich die EU, die USA sowie Indien und Südafrika im zuständigen WTO-Ausschuss für geistiges Eigentum (TRIPS) auf „Schlüsselelemente“ eines partiellen Verzichts auf Patentrechte geeinigt. WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala sprach am Mittwoch von einem „Durchbruch“ in den Verhandlungen. Eine endgültige Einigung sei aber noch nicht erreicht, da die notwendige Zustimmung aller 164 WTO-Mitglieder ausstehe. „Die WTO entscheidet immer im Konsens, und den haben wir noch nicht erreicht.“ Außerdem seien noch nicht alle Details des Kompromisses ausverhandelt; die EU und die drei Staaten müssten sich jeweils auch noch intern rückversichern, sagte die WTO-Chefin weiter. Die EU-Kommission, die für die ganze EU die Verhandlungen führt, kommentierte Okonjo-Iwealas Ankündigung entsprechend schmallippig. Die Verhandlungen der vier Partner würden fortgesetzt, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Auch berieten die EU-Mitgliedstaaten untereinander über einen möglichen Kompromiss. Auch die amerikanische Handelsbeauftragte Katherine Tai verwies auf weiteren internen Abstimmungsbedarf. Der Kompromiss sieht nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg vor, dass Entwicklungsländer künftig bestimmte patentierte Inhaltsstoffe und Herstellungsverfahren ohne die Zustimmung des Rechteinhabers nutzen dürfen, wenn diese für die Herstellung und Lieferung von Covid-19-Impfstoffen erforderlich sind. Diese Regelung soll auf die Entwicklungsländer beschränkt werden, deren Anteil am globalen Covid-Impfstoffexport geringer ist als 10 Prozent. Offen ist unter anderem noch, ob die Dauer des Patentverzichts drei oder fünf Jahre betragen soll. Die bevorstehende Einigung geht auf einen Antrag Indiens und Südafrikas beim TRIPS-Ausschuss vom Herbst 2020 zurück, den Patentschutz auszusetzen („TRIPS Waiver“). Die beiden Länder hatten geltend gemacht, dass ein wirksamer Impfschutz auch in den Entwicklungsländern nur so erreichbar sei, da die Herstellerländer bei weitem nicht genug dorthin exportierten. Die USA und die EU hatten dieses Anliegen zunächst sehr zurückhaltend kommentiert und gefordert, dass kein Land Impfstoffverbote verhängen dürfe. (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/ patente-fuer-corona-impfstoffe-laut-wto-vor-der-freigabe-17882522.html, gekürzt, abgerufen am 15. 5. 2022) M1 Probleme der WTO Die Krise der WTO Ziel der WTO ist es, weltweit Handelshemmnisse abzubauen. Erreicht werden soll das durch verbindliche, nichtdiskriminierende Regeln. Deshalb wird die Verhandlung von neuen Regeln für den Marktzugang als erste Säule der WTO bezeichnet. Allerdings konnten sich die Mitglieder seit ihrer Gründung aus der Vorgängerorganisation vor 25 Jahren nur auf ein wirklich für alle geltendes Abkommen zu Handelserleichterungen einigen („Trade Facilitation Agreement“). Die groß angelegte Doha-Verhandlungsrunde konnte bis heute nicht formell abgeschlossen werden. Dies sorgt für Uneinigkeit über den Weg vorwärts. Durch den Reformstau droht die Welthandelsorganisation an Relevanz für Unternehmen zu verlieren. Der Welthandel entwickelt sich nämlich dynamisch weiter – durch technologischen Fortschritt, Digitalisierung, eine wachsende Bedeutung des Dienstleistungshandels, aber auch die zunehmende Bedeutung von Wettbewerbsfragen aufgrund des wirtschaftlichen Aufstiegs des staatskapitalistischen Chinas. Keiner dieser Bereiche ist im Rahmen der WTO multilateral angemessen geregelt. Da eine Einigung unter allen WTO-Mitgliedern derzeit nicht aussichtsreich scheint, setzten die EU und andere Länder darauf, zunächst Verhandlungen mit Gruppen von ambitionierten Mitgliedern zu führen. Solche plurilateralen Abkommen könnten dann im Idealfall später doch zu einer multilateralen Regelsetzung führen. Zuletzt vor fünf Jahre konnten plurilaterale WTO-Verhandlungen für weitere Zollsenkungen auf Informationstechnologieprodukte erfolgreich abgeschlossen werden. Derzeit laufen unter dem Dach der WTO plurilaterale Verhandlungen zu E-Commerce, Investitionserleichterungen, Handel und Gender, Dienstleistungen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die WTO kann nur dann mit der Zeit gehen und ihre Relevanz behalten, wenn sie bald neue Erfolge vorweist. Eine wichtige weitere Säule der WTO ist neben der Verhandlung neuer Handelsregeln die Überwachung der Einhaltung bereits bestehender WTO-Regeln. Dazu gehört auch die Sammlung von Handelsdaten, um Trends im Welthandelssystem transparent zu machen und zu analysieren. Das Auftreten der WTO als von vielen geschätzter Think Tank wird oft als weitere Säule des multilateralen Handelssystems bezeichnet. Grundlage für Überwachung und Transparenz ist aber, dass ihre Mitglieder ihre handelserleichternden und handelsbeschränkenden Maßnahmen ordnungsgemäß an die WTO melden. https://bdi.eu/artikel/news/die-krise-der-wto/, gekürzt, abgerufen am 6. 5. 2022) M2 Impfstoffpatente 1 Fassen Sie die wichtigsten Aufgaben der WTO zusammen. 2 Diskutieren Sie mit Hilfe des Artikels M1 aktuelle Herausforderungen der WTO. 3 Erläutern Sie anhand von M2 den Zusammenhang von Corona-Impfstoffen und TRIPS. Erörtern Sie, warum Einigungen in der WTO schwer zu erreichen sind. { } { Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv
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