34 Fallbeispiel Die WTO Welthandelsorganisation (WTO) Die WTO (World Trade Organization) ist eine Organisation zur Regelung und Förderung von weltweiten Handels- und Wirtschaftsbeziehungen. Sie wurde 1994 in Marrakesch gegründet und nahm am 1. Jänner 1995 ihre Arbeit auf. Als eigenständige Organisation im System der Vereinten Nationen (UN) mit Hauptsitz in Genf zählt sie aktuell 164 Mitgliedstaaten (2019). Die WTO hat zum Ziel, die Handelspolitiken seiner Mitglieder möglichst transparent zu machen, den Welthandel zu liberalisieren sowie Handelsvereinbarungen zu treffen und zu überwachen. Damit soll die Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsländer gestärkt und die Entwicklungsinteressen schwächerer Mitglieder berücksichtigt werden. Die Kernaufgaben der WTO sind neben der wirksamen Überwachung des WTO-Vertragswerkes die Weiterentwicklung der Regeln für den Welthandel. Darüber hinaus obliegt ihr die Rechtskontrolle für die Umsetzung der WTO-Verpflichtungen durch ein geregeltes Streitbeilegungsverfahren. Ziel dieses Verfahrens ist die einvernehmliche Beilegung von Streitigkeiten mit der Verpflichtung, den Streitfall gemäß den Vorgaben des WTO-Rechts zu lösen. Da sich die WTO-Mitgliedstaaten verpflichtet haben, ihre nationalen Gesetze den Verpflichtungen aus den WTOVerträgen anzupassen, berühren WTO-Abkommen nationales und europäisches Recht. Das Welthandelsrecht der WTO gilt in der EU allerdings nicht unmittelbar, das bedeutet, einzelne Bürgerinnen und Bürger oder einzelne Unternehmen können sich vor nationalen Gerichten nicht unmittelbar auf das WTO-Recht beziehen. Rechtsverletzungen können nur von den Regierungen über das WTO-Streitschlichtungsverfahren angegriffen werden. Das WTO-Recht ist bindend und kann im Rahmen der WTO-Streitbeilegung durchgesetzt werden. Konsequenzen bei Nichteinhaltung der WTO-Regeln gibt es allerdings nicht. Aufbau der WTO 1. GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) Das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen regelt den weltweiten Warenhandel und legt zB Vereinbarungen gegen Handelshemmnisse und Subventionen sowie Bestimmungen zu grenzüberschreitenden Investitionen fest. 2. TRIPS (Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights) TRIPS ist ein Übereinkommen zum Schutz von geistigen Eigentumsrechten wie beispielsweise Patenten, Urheberrechten, Geschmacksgeheimnissen, Geschäftsgeheimnissen und Herkunftsbezeichnungen. 3. GATS (General Agreement on Trade in Services) Das GATS beschäftigt sich mit dem Handel mit Dienstleistungen. Mit diesem Übereinkommen wurden internationale Voraussetzungen zur Ermöglichung grenzüberschreitender Dienstleistungen geschaffen. Organisation der WTO Das höchste Organ der WTO ist die Ministerkonferenz. Sie tagt mindestens alle zwei Jahre. Zur Regelung der laufenden Geschäfte gibt es weitere Organe: Allgemeiner Rat (General Council) Der allgemeine Rat tagt je nach Bedarf und überwacht und führt die beschlossenen Handelsvereinbarungen zwischen den Ministerkonferenzen durch. Streitschlichtungsgremium (Dispute Settlement Body) Das Streitschlichtungsgremium dient der Beilegung von Handelsstreitigkeiten (Panels). Nach Angaben der Wirtschaftskammer Österreich befasste sich die WTO seit ihrem Bestehen mit fast 600 Streitbeilegungsverfahren bzw. sind diese noch im laufenden Verfahrensstadium. Die Europäische Union war bzw. ist in 228 Streitfällen entweder als Beschwerdeführerin oder als Antragsgegnerin involviert. In ca. 190 Streitfällen war bzw. ist die EU als Drittpartei beteiligt. Die USA waren bzw. sind in ca. 300 Streitfälle involviert. Gremium für die Überprüfung der Handelspolitik (Trade Policy Review Body) Der Allgemeine Rat tagt auch als Gremium für die Überprüfung der Handelspolitik. Zudem gibt es noch den GATT-, den TRIPS- und den GATSRat für die spezifischen Geschäfte sowie das WTO-Sekretariat mit dem Generalsekretär an der Spitze. Grundprinzipien der WTO • Meistbegünstigung: Alle Handelspartner müssen gleichbehandelt werden. Handelserleichterungen, die einem Land gewährt werden, müssen auch für alle anderen WTO-Staaten gelten. • Inländerbehandlung: Jedes WTO-Mitglied ist verpflichtet, bei jedem Importprodukt die gleichen Vorschriften anzuwenden wie bei einem gleichwertigen im Inland hergestellten Produkt und darf somit ausländische Produkte nicht benachteiligen. • Gegenseitigkeit (Reziprozität): Die gegenseitig erteilten Zugeständnisse sollen ausgewogen und gleichgewichtig sein. Eine Ausnahme stellen die Entwicklungsländer da, von denen keine gleichwertigen Konzessionen verlangt werden sollten. • Liberalisierung/Abbau von Handelshemmnissen: Um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, werden die Liberalisierungsschritte in den Verhandlungsrunden vereinbart. • Vorhersehbarkeit/Transparenz: Mitgliedstaaten verpflichten sich zu „gebundenen Zöllen“ (festgelegte Maximalzölle). Werden diese bei einem Produkt erhöht, müssen sie bei anderen Produkten zur Kompensation reduziert werden. Zudem müssen sämtliche Handelsbeschränkungen transparent gemacht werden. Kompetenzorientierte Lernziele Auswirkungen ökonomischer Globalisierung diskutieren Aufbau, Prinzipien und Ziele einer global agierenden Organisation analysieren Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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