14 Fallbeispiel Globale Lebensmittelproduktion – zwischen Vielfalt & Food Waste In den Supermärkten steht uns täglich eine riesige Auswahl an Lebensmitteln zur Verfügung. Wer ein Fruchtjoghurt kaufen möchte, hat oft mehr als zehn Sorten zur Auswahl. Dahinter steckt ein enormes Produktionsnetzwerk – von der Milcherzeugung und -verarbeitung, dem Transport der Zutaten über die Herstellung der Verpackung und der Lieferung an die Supermärkte. Entlang der Wertschöpfungskette von der Milch zum fertigen Joghurt kommt es zu enormen Verlusten. Obst wird oft wegen äußerer Qualitätsvorgaben wie Größe oder Form aussortiert, bevor es überhaupt in den Verkauf gelangt. Andere Lebensmittel verderben, weil sie zu lange gelagert werden, oder werden auf Grund von Über- oder Untergewicht nicht zum Verkauf zugelassen. In den privaten Haushalten landen zusätzlich Tonnen an oft noch genießbaren Lebensmitteln im Müll. Schätzungen zufolge werden weltweit 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeworfen oder gehen entlang der Wertschöpfungskette verloren (M1). Das entspricht einem Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel. Dieser enormen Verschwendung stehen Millionen hungernde Menschen gegenüber, obwohl genug Lebensmittel vorhanden wären, um die gesamte Weltbevölkerung zu ernähren. Konsumwahn und Fashion Victims Typisch für die heutige Konsumgesellschaft ist die ständige Verfügbarkeit einer riesigen Auswahl an Kleidung und Schuhen, die von großen Modeketten zu teilweise extrem niedrigen Preisen verkauft wird. Möglich ist das durch die Massenproduktion in Niedriglohnländern wie Bangladesch, Vietnam, Indien und Kambodscha. Viele Menschen jagen als Fashion Victims jedem Trend hinterher und kleiden sich beinahe wöchentlich neu ein. Die niedrigen Preise erlauben den Kauf von großen Mengen, die über den persönlichen Bedarf weit hinausgehen. Fashion Victims sind allerdings auch jene Menschen, die diesen Konsumwahn ermöglichen, indem sie in den Textilfabriken Bangladeschs täglich in 13- bis 16-Stundenschichten für einen minimalen Lohn, der mit einem Anteil von 0,5 bis 3 Prozent des Verkaufspreises für das Kleidungsstück (M5) oft deutlich unter dem Existenzminimum liegt, vor den Nähmaschinen sitzen. Die Arbeit erfolgt teils unter menschenunwürdigen Bedingungen. 2012 starben bei einem Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch mehr als 100 Menschen. Es gab Berichte, nach denen Manager der Fabrik den Arbeiterinnen und Arbeitern trotz des Brandes untersagt hätten, die Fabrik zu verlassen. Der Fabriksbesitzer wurde wegen Brandstiftung verurteilt. 2013 kam eine Textilfabrik in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, zum Einsturz und forderte über 1100 Todesopfer. 2017 kamen durch die Explosion eines Heizkessels in einer Textilfabrik in einem Vorort von Dhaka 13 Menschen ums Leben. Der Boiler war trotz Sicherheitsmängeln nicht ausgetauscht worden. Wegen eines großen Festes hielten sich zum Zeitpunkt der Explosion nur wenige Arbeiterinnen und Arbeiter in der Fabrik auf. Trotz dieser Vorfälle haben sich weder das Einkaufsverhalten der Verantwortlichen der Modehäuser noch das Konsumverhalten der Menschen in Europa und Nordamerika spürbar verändert. Jedoch reicht allein der Verzicht auf die Billig-Mode der großen Discount-Ketten ohnehin nicht aus. Selbst teure Marken wie Ralph Lauren, Hugo Boss oder G-Star Raw werden in Bangladesch unter unethischen Voraussetzungen gefertigt. 2021 trat ein Abkommen in Kraft, das den Brandschutz und die Gebäudesicherheit von Textilfabriken verbessern sollte. Gründe für Verluste Landwirtschaftliche Produktion Erste Lagerung der Ware/Schlachtung Verarbeitung und Verpackung Vertrieb (Handel, Supermärkte) Verbraucher 100% 100% 100% Kartoffeln Obst, Gemüse Getreide Fleisch Milchprodukte 100% 100% –20% –20% –2% –3% –3,5% –9% –5% –4% –0,7% –0,5% –15% –2% –10,5% –5% –1,2% –0,5% –4% –2% –10% –7% –7% –11% –25% –19% –12% Magen • Vorgaben durch die Industrie • Kühlausfall • Schüttverluste • Tod der Schlacht- tiere beim Transport • Verlust durch maschinelles Rüsten • Fehlproduktion • Schüttverluste 32% 44% 56,5% 76,2% 87,3% • Kühlaggregate-Ausfall • verspätete Lieferung • Transportschäden • Schüttverluste • zu viel eingekauft • keine Lust auf das, was vorrätig ist • mangelhaftes Wissen über die Haltbarkeit * Alle Angaben sind Schätzungen M1 Lebensmittelverluste M2 Textilfabrik in Bangladesch (Foto 2013) Kompetenzorientierte Lernziele Vorteile und Nachteile der Globalisierung gegenüberstellen den eigenen Standort bzw. die lokale Betroffenheit in Prozessen der Globalisierung in Bezug auf persönliche Chancen und Risiken analysieren Globalisiertes Konsumverhalten Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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