132 Fallbeispiel Hochfrequenzhandel – wenn Computer zocken (WIKU) Was ist und wie funktioniert Hochfrequenzhandel? Im Hochfrequenzhandel wechseln Wertpapiere innerhalb von Mikrosekunden die Besitzerin oder den Besitzer. Dies ist nur mit Hilfe von Computerprogrammen möglich. Die Durchlaufzeit vom Abgeben der Order – sprich des Kauf- oder Verkaufsauftrags – bis zur Verarbeitung im Handelssystem dauert 250 bis 300 Mikrosekunden, das ist weniger als ein Wimpernschlag. Diese Handelsform ermöglicht es minimale Kursbewegungen auszunutzen, was menschlichen Börsenmaklerinnen und Börsenmaklern so schnell nicht möglich ist. Das Prinzip ist also einfach: In Bruchteilen von Sekunden treffen Computer nach bestimmten Regeln Kaufs- oder Verkaufsentscheidungen und führen die Orders aus. Diese Regeln sind Rechenvorgänge, die nach einem bestimmten sich wiederholenden Schema ablaufen. In diesen Formeln ist festgelegt, in welchem Moment der Computer in die eine oder andere Richtung handeln soll. Im Grunde ist es so, dass ein zeitlicher Vorsprung genutzt wird, der sich durch Hochleistungsrechner und Hochleistungsleitungen direkt zur Börse ergibt. Das heißt, die Nutzerinnen und Nutzer des Hochfrequenzhandels haben durch die Technologie einen zeitlichen und damit auch finanziellen Vorsprung gegenüber der Allgemeinheit. Was ist charakteristisch für den Hochfrequenzhandel? Die Haltefristen beim Hochfrequenzhandel sind extrem kurz. In kürzester Zeit werden Wertpapiere ge- und verkauft, meist mit sehr geringen Spannen, aber die hohen Volumina an Wertpapieren garantieren erstaunliche Gewinne. Hochfrequenz-Computer besitzt nicht jeder, denn nur einige wenige große Investmentbanken können sich das leisten. In den letzten Jahren wurden neue Großrechenanlagen mit noch schnelleren Daten-Servern und Glasfaserleitungen in unmittelbarer Nähe der Börsen gebaut, um wichtige Informationen früher als die Konkurrenz zu erhalten. Welche Rolle spielt der Hochfrequenzhandel an den Finanzmärkten? Hochfrequenzhandelsaktivitäten machen an den wichtigsten globalen Börsenplätzen einen sehr großen, teilweise sogar dominanten Anteil am Handelsvolumen aus. In den USA beträgt der Anteil ca. 70% des Wertpapierhandels, und für Großbritannien kam eine Studie 2011 sogar auf einen Anteil von 77% bei den ausgeführten Orders und ca. 35% bei dem gehandelten Aktienvolumen. Mehr und mehr entdeckt jetzt der Hochfrequenzhandel auch den Devisenmarkt für sich. Von 2014 bis 2016 hat sich dessen Umsatz verdreifacht, und Computerprogramme sorgen so für 200 Mrd. Dollar Umsatz am Tag. Was sind wichtige Veränderungen, die sich durch den Hochfrequenzhandel ergeben? • In immer größerem Maße wird der Mensch aus dem unmittelbaren Entscheidungsprozess um den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren herausgenommen und durch Software-Programme ersetzt. • Geschwindigkeit bei der Orderausführung ist zum wichtigsten Faktor geworden und wird mittlerweile in Milli- und Mikrosekunden gemessen. • Fundamentale Daten über den Wert der jeweiligen Wertpapiere (zB Wie ist wirtschaftliche Lage des jeweiligen Unternehmens?) spielen keine oder nur eine untergeordnete Rolle. • Das Interesse der Händlerinnen und Händler liegt nur am schnellen Gewinn. • Programmfehler können zu Kursstürzen und damit zu nicht kontrollierbaren Entwicklungen an den Börsen führen. Warum wächst die Kritik am Hochfrequenzhandel? Vorweg ist anzumerken, dass es nicht den einen Hochfrequenzhandel, sondern ein breites Spektrum an verschiedenen Hochfrequenz-Aktivitäten gibt. Kompetenzorientiertes Lernziel Entwicklungen in internationalen Kapitalströmen und Finanzmärkten analysieren 1980: Händler am Parkett 1985: Händler am Computer 2010: Computer ersetzen die Händler M1 Börsenhandel im Wandel der Zeit: Der Handel mit Wertpapieren an den Börsen hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte grundlegend verändert. M1 zeichnet die Entwicklung des Börsenhandels in den letzten 40 Jahren nach und benennt die jeweiligen Hauptakteure des Handels. Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv
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