4 Farben geben Ihnen Orientierung im Buch. Jedem der fünf Großkapitel ist eine eigene Farbe zugeordnet. Wie Sie mit global arbeiten 44 45 Wirtschaftsstandort Österreich beurteilen Wirtschaftsstandort Österreich beurteilen M1 Standortfaktoren Wirtschaftsstandort Österreich Kompetenzorientiertes Lernziel Vor- und Nachteile des Wirtschaftsstandorts Österreich aus unterschiedlicher Sicht erarbeiten Nach dem Monitoring Report 2021 der Wirtschaftskammer Österreich gehört Österreich zu den wohlhabendsten, politisch stabilen Ländern der EU und ist gekennzeichnet durch hohe Lebensqualität, Sicherheit, Gesundheits- und Umweltstandards. Auch das Bildungswesen punktet im internationalen Vergleich – kaum ein Land hat so viele bestens ausgebildete Fachkräfte aufzuweisen, die Jugendarbeitslosigkeit ist verhältnismäßig gering und die zentrale Lage in der Mitte Europas wirkt sich positiv aus. Österreichs Betriebe sorgen für sehr gute Beschäftigung und weisen eine hohe Exportorientierung und Innovationsbereitschaft auf. Andererseits gibt es eine ausgeprägte Bürokratie und eine hohe Steuer- und Abgabenquote. Vor allem die hohen Lohnnebenkosten wirken in unserer vernetzten Welt zunehmend abschreckend. In Kombination mit den ebenfalls hohen Lebenshaltungskosten verringern sie auch die Kaufkraft der Bevölkerung – und mindern so die Attraktivität zusätzlich. Ebenfalls zu nennen sind der oft fehlende Reformwille der Politik und ein im Vergleich zu vielen anderen Staaten niedriges Pensionsantrittsalter. 2016 2017 2018 2019 2020 Bruttoinlandsprodukt real (Veränderung zum Vorjahr in %) 1,5 2,6 2,7 1,4 –6,6 Bruttoinlandsprodukt (zu laufenden Preisen in Mrd. Euro) 349,49 396,9 386,15 397,6 375,6 Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (zu laufenden Preisen und Kaufkraftparitäten in Euro) 36 540 38 190 39 290 39 474 37254 Investitionsquote (Bruttoanlageinvestitionen in % des BIP) 22,9 23,6 23,9 24,1 23,8 Erwerbsquote (Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in %) 77,2 76,4 76,4 80,3 79,7 Arbeitslosenrate (in %) 6,0 5,5 4,9 4,5 5,4 Inflationsrate (in %) 1,0 2,2 2,1 1,5 1,4 Forschungs- und Entwicklungsausgaben (in % des BIP) 3,12 3,16 3,17 3,2 3,3 Exportquote (Warenexporte in % des BIP) 37,5 37,9 38,4 38,2 37,4 M2 Wirtschaftsprofil Österreichs Attraktive Rahmenbedingungen: Österreich ist das viertreichste Land der EU, überdurchschnittliche Kaufkraft österreichischer Konsumentinnen und Konsumenten, hoch entwickelte Infrastruktur, effiziente Verwaltung Stabilität und Sicherheit: politische und gesellschaftliche Stabilität, gute Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, geringe Streikrate, hohe persönliche Sicherheit, Versorgungssicherheit Steuervorteile: niedrige Unternehmensbesteuerung, attraktive Gruppenbesteuerung, keine Vermögen- und Gewerbesteuer. Das österreichische Steuerrecht ermöglicht es, die Steuerbelastung zusätzlich zu vermindern Produktivität: hoher Stundenoutput pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter Zentrale Lage: ideale Basis für Central-Eastern-EuropeAktivitäten, Erfahrung von insgesamt 16 000 bereits existierenden Joint Ventures zwischen Unternehmen aus Österreich und Osteuropa, Osteuropa-Koordinationszentrale für rund 1 000 ausländische Unternehmen, Dienstleister mit umfangreichem Osteuropa-Know-how, Vienna Airport ist der leistungsfähigste Flughafen in Richtung Mittel- und Osteuropa Fundierte Ausbildung: praxisorientiertes Lernen sowohl im technischen als auch im kaufmännischen Bereich, hohe Bildungsausgaben bestätigen den Wert der Aus- und Weiterbildung, enge Verknüpfung zwischen Wirtschaft und Bildung (https://investinaustria.at/de/infomaterial/broschueren/wirtschaftsstandort-oesterreich-2016.pdf, abgerufen am 18. 4. 2017) M3 Erfolgsfaktoren des Wirtschaftsstandorts Österreich 1 Arbeiten Sie aus M1 die Standortfaktoren heraus, die zum wirtschaftlichen Erfolg einer Region beitragen. 2 Erklären Sie die wirtschaftlichen Kennzahlen in der Tabelle M2. 3 Wählen Sie auf der Website https://investinaustria.at/ de/infomaterial/grafiken.php vier Grafiken, zB Bildungsausgaben, Büromieten, intakte Umwelt und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und vergleichen Sie diese miteinander. Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse in der Klasse. { { } Online-Code h2b9kz Arbeitsheft S. 22 26 27 Gesamtwirtschaftliche Leistungen und Probleme sowie Wirtschafts- und Sozialpolitik erklären Arbeitsheft S. 12 Kompetenzorientiertes Lernziel Wirtschafts- und Sozialpolitik und ihre Zielkonflikte als interessensbezogen diskutieren und unterschiedliche Positionen argumentieren Sozialpolitik – Stärkere stützen Schwächere Zu den zentralen Aufgaben in der sozialen Marktwirtschaft zählt die Sozialpolitik. Dies bedeutet, dass sich der Staat verpflichtet, die Unterschiede zwischen den sozial Schwachen und Starken möglichst zu verringern und den Menschen in den unterschiedlichsten wirtschaftlichen Notlagen zu helfen bzw. einen Mindestlebensstandard zu garantieren. Die soziale Marktwirtschaft wird nur dann dauerhaft bestehen können, wenn ihr dieser soziale Ausgleich gelingt. Welche Ziele verfolgt der Sozialstaat und welche Aufgaben hat er? Der Begriff Sozialstaat bezeichnet einen Staat, der allen Bürgerinnen und Bürgern soziale Sicherheit garantiert und einen sozialen Ausgleich zur Erzielung sozialer Gerechtigkeit anstrebt. Niemand soll allein gelassen werden, wenn sie bzw. er zB durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit in Not gerät oder durch ihr bzw. sein hohes Alter nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen. Alle Aktivitäten und Gesetze eines Staates, die dazu da sind, um die Menschen gegen die vielfältigen Risiken des Lebens abzusichern, nennt man Sozialpolitik. Die zentralen Aufgaben des Sozialstaates betreffen vor allem die folgenden Bereiche: 1. Die Sicherungspolitik schützt die wirtschaftliche und soziale Existenz der Bevölkerung gegen eine Reihe von Risiken (Schutzfunktion). Die wichtigsten Risikoabsicherungen sind die • Krankenversicherung, • Unfallversicherung, • Pensionsversicherung und • Arbeitslosenversicherung. Diese vier Versicherungen sind Pflichtversicherungen, dh, die jeweiligen Leistungen sind gesetzlich festgelegt und die zu leistenden Beiträge richten sich nach dem Einkommen der Versicherten. Diese vier Pflichtversicherungen sind im Rahmen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) geregelt. 2. Die Verteilungspolitik soll große Ungleichheiten verringern helfen und mehr soziale Gerechtigkeit herstellen (Verteilungs- und Umverteilungsfunktion). Sie umfasst zB so wichtige Bereiche wie: • Sicherung des Existenzminimums • Sozialhilfe und soziale Wohnraumförderung • Beihilfen des Familienlastenausgleichsgesetzes (zB Familien-, Schulfahrtbeihilfen und Schulbücher) • Steuervergünstigungen. 3. Die Arbeitsmarktpolitik versucht mit Hilfe unterschiedlichster Maßnahmen, Arbeitslosigkeit abzubauen bzw. die Beschäftigung zu fördern (Produktivitätsfunktion). Wichtige Maßnahmen sind zB die • Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, • Arbeitsvermittlungen (zB durch das Arbeitsmarktservice – AMS), • Umschulungen und Fortbildungen. 4. Die Arbeitsschutzpolitik umfasst alle Maßnahmen gegen die Gefahren, die in den Betrieben entstehen können (Schutzfunktion). Wichtige Bereiche sind zB der • Unfallschutz, • Kündigungsschutz, • Mutterschutz, • Arbeitszeitschutzgesetz. Darüber hinaus gibt es noch weitere wichtige Aufgaben des Sozialstaates (zB Konsumentenschutz). M1 Aufgaben des Sozialstaates (Beispiele) An welchen Grundsätzen orientiert sich der Sozialstaat? Die Sozialpolitik orientiert sich an einer Reihe von Grundsätzen. Die drei wichtigsten Grundsätze sind: 1. Grundsatz der Solidarität: Dieses Prinzip garantiert, dass alle Versicherten abgesichert sind, egal wie groß ihr persönlicher Beitrag war. 2. Grundsatz der Versicherungspflicht: Dieses Prinzip garantiert, dass die Menschen im Notfall auch tatsächlich auf eine gewisse Grundversorgung zurückgreifen können. Die gesetzliche Sozialversicherung ist der weitaus wichtigste Zweig der sozialen Sicherung in Österreich. 3. Grundsatz der Subsidiarität: Das Subsidiaritätsprinzip bedeutet, dass der Staat nur dann aktiv werden und regulierend, kontrollierend oder helfend eingreifen soll, wenn die oder der Einzelne dazu nicht in der Lage ist. Dieses Prinzip soll sicherstellen, dass die Eigenverantwortlichkeit der Staatsbürgerin oder des Staatsbürgers, für Notfälle vorzusorgen, gesteigert wird. Jede und jeder Einzelne hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, für ihre bzw. seine wirtschaftliche Existenz zu sorgen. Wer sind die Träger der Sozialpolitik? Die Träger der Sozialpolitik sind in erster Linie der Staat (Bund), wobei die Sozialpolitik va durch das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ausgeübt wird, aber auch die Länder und Gemeinden. Dabei hat der Staat große Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der Sozialpolitik an eigene Einrichtungen übertragen. Im Zuge dieser Auslagerung wurden eigene öffentlich-rechtliche Körperschaften eingerichtet, die in Eigenverantwortung, aber unter strikter Einhaltung rechtlicher Vorgaben, ihre Aufgaben erfüllen, zB Pensionsversicherungsanstalt, Österreichische Gesundheitskasse, Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Wie werden die Sozialausgaben finanziert? Die Finanzierung der Sozialausgaben im engeren Sinn – dies betrifft die Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung – erfolgt zum Teil aus den Beiträgen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, aus sonstigen Einnahmen und aus den Beiträgen des Bundes. Beispiel: Krankenversicherung Die gesetzliche Krankenversicherung wird ganz besonders vom Solidaritätsgedanken getragen. Das heißt: Ihre Sachleistungen (Versorgung, die direkt von den Kassen bezahlt wird) bekommen alle im gleichen, jeweils erforderlichen Umfang ohne Rücksicht darauf, wie hoch die Beitragsleistung des Einzelnen ist. Arbeitnehmer mit höheren Löhnen oder Gehältern zahlen mehr Beiträge, Arbeitnehmer mit kleinerem Einkommen weniger. Ehepartner ohne eigenes Einkommen und Kinder sind mitversichert und müssen keine Beiträge zahlen. (http://www.sozialpolitik.com/artikel/krankenversicherung, abgerufen am 18. 4. 2017) M2 Krankenversicherung Beispiel: Pensionsversicherung Bis auf wenige Ausnahmen müssen alle Erwerbstätigen der Pensionsversicherung als Pflichtversicherte angehören und damit auch Beitragszahlungen leisten. Aus diesen Beiträgen erhalten die heutigen Rentner ihre Pensionen. Sie selbst haben ja im Laufe ihres langen Berufslebens Pensionsbeiträge bezahlt. Dieses so genannte Umlageverfahren funktioniert aber nur auf der Grundlage einer Pflichtversicherung. (nach: http://www.sozialpolitik.com/artikel/rentenversicherung-1, abgerufen am 18. 4. 2017) M3 Pensionsversicherung Beispiel: Altersvorsorge In vielen europäischen Staaten ist das Gewicht der Altersversorgung auf folgende drei Säulen verteilt: 1. Säule – staatliche Grundpension Sie ist relativ niedrig und funktioniert nach dem Umlageverfahren. 2. Säule – betriebliche Pensionsvorsorge (Pensionskassen) Die Beträge werden während des Arbeitslebens angespart und stehen dann als Zusatzpension zur Verfügung. 3. Säule – private Eigenvorsorge Wer seinen Lebensstandard im Alter erhalten will, muss zusätzlich individuell sparen (zB Abschluss von Lebensversicherungen, Kauf von Wertpapieren). (nach: https://www.wko.at/branchen/bank-versicherung/ pensionskassen/start.html, abgerufen am 18. 4. 2017) M4 Altersvorsorge 1 Erläutern Sie den Begriff „Sozialstaat“ und die wichtigsten Aufgaben des Sozialstaates. 2 Recherchieren Sie das Jahr, in dem die angeführten Versicherungen in Österreich eingeführt wurden. a) Unfallversicherung, b) Krankenversicherung, c) Pensionsversicherung. 3 Auch als Schülerin bzw. Schüler profitieren Sie von den Errungenschaften des Sozialstaates. So erhalten Sie zB Gratis-Schulbücher. a) Recherchieren Sie, in welchem Jahr die Schulbuchaktion eingeführt wurde. b) Finden Sie heraus, welcher Betrag – aus Steuergeldern – zuletzt dafür ausgegeben wurde. { { { Hier ist formuliert, welche kompetenzorientierten Lernziele Sie auf dieser Doppelseite erreichen. 14 15 Veränderungen der geopolitischen Lage Österreichs erläutern Arbeitsheft S. 7 Kompetenzorientiertes Lernziel Möglichkeiten grenzüberschreitender Regionalentwicklung unter dem Einfluss der europäischen Integration darstellen Interview mit HR Prof. Mag. Matthias Hemetsberger Prof. Hemetsberger war AHS-Lehrer, Direktor, Landesschulinspektor, Bürgermeister der Gemeinde Seeham und Präsident der EuRegio Salzburg – Berchtesgadener Land – Traunstein. Interviewer: Bei mir sitzt der Herr Hofrat Hemetsberger. Wir werden jetzt über die EuRegio S-BGL-TS sprechen. Herr Hofrat, was ist EuRegio eigentlich? HR Hemetsberger: EuRegio ist eine Zusammenarbeit zwischen Gemeinden im Land Salzburg, im Landkreis Berchtesgadener Land und im Landkreis Traunstein. Neben diesen drei kommunalen Gruppierungen sind auch das Land Salzburg und die Kammern Mitglieder in der EuRegio. Das war uns ganz wichtig, dass auch die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer Mitglieder sind, damit das nicht nur ein kommunales Projekt ist, sondern auch im wirtschaftlichen Bereich, im sozialen und arbeitsrechtlichen Bereich angesiedelt ist. I.: Und wie wird man zu einer EuRegio? H.: Andere EuRegiones gab es ja schon vorher. Im Jahr 1994 haben wir im norddeutschen Bereich – in Gronau, das geht hinüber in den holländischen Bereich – eine EuRegio besucht. Die Zusammenarbeit in diesem Bereich war sehr beeindruckend, da die deutsch-holländische Grenze aus historischen Gründen nicht immer so leicht zu überwinden war. Es ist ihnen aber gelungen, dass sie im wirtschaftlichen, im sozialen und im kulturellen Bereich ganz gut zusammengearbeitet haben und dass sie auch Mittel von der EU lukrieren konnten. Am Rückflug nach Salzburg hat der Landeshauptmann gesagt: „Du machst das in Salzburg“. Wir haben dann Kontakt aufgenommen zum Landkreis Berchtesgadener Land und zum Landkreis Traunstein und haben ein Arbeitspapier ausgearbeitet und die Gründungsveranstaltung im Jahr 1995 abgehalten. Es war nicht ganz einfach, weil die bayerische Seite mehr Power gehabt hat. Sie waren sehr interessiert mit Salzburg zusammenzuarbeiten. Zum Beispiel gibt es einen gemeinsamen Flughafen, der damals noch nicht umstritten war, und durch die starke Wirtschaft in Bayern haben sie den Flughafen gebraucht. Auch historisch gesehen: Die Region war doch bis Anfang des 19. Jahrhunderts eine Einheit mit Salzburg („Rupertiwinkel“), die Bayern sind gerne herübergefahren zum Einkaufen und haben auch kulturell das Zentrum hier gesehen. Daher war ihnen sehr wichtig, dass das zustandekommt. Ein zweiter Grund war das Techno-Z in Salzburg – heute würde man sagen ein Gründerzentrum für junge Unternehmen – und da war es sehr schwierig die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen und den grenzübergreifenden Gütertransport zu organisieren. Daher hatte man auch ein wirtschaftliches Interesse an der Durchlässigkeit der Grenze. I.: Das heißt, man hat die Grenze für Personen und Waren durchlässiger gemacht, wie es später in den SchengenAbkommen gekommen ist? H.: Naja, ich persönlich bin früher nur zum Einkaufen nach Freilassing gefahren – mit allen Schwierigkeiten beim Grenzübertritt. Es war also ganz wichtig, wenn wir bei der EU sind, dass diese Dinge einfacher werden. Dazu gibt es eine witzige Geschichte: Eine der ersten Bürgermeisterkonferenzen haben wir in Traunstein abgehalten. Aber weil das gefühlt so weit aus der Welt war, sind die meisten Bürgermeister schon zwei Stunden früher angereist. Und wir haben uns dann zufällig in einem Café dort getroffen. Das war ein toter Bereich für uns – kulturell, wirtschaftlich. Und wir haben dann bemerkt, dass Firmen, die beiderseits der Grenzen dasselbe machen, sich gar nicht kannten. Bayerische Firmen hatten Zulieferer aus Hamburg, obwohl fünf Kilometer über der Grenze eine Zulieferfirma gewesen wäre. Das war völlig getrennt. Daher war die EuRegio-Gründung sehr wichtig. Trotz der besseren Zusammenarbeit gab es dann aber trotzdem noch Probleme. Ziegel einer österreichischen Firma durften zum Beispiel in Bayern importiert, aber nicht verwendet werden, weil sie nicht der bayerischen Norm entsprochen haben. Solche Dinge – auch mit Berlin und Wien – zu ermöglichen, war die Hauptarbeit der EuRegio. I.: Und was trägt die EU dazu bei? H.: Die EU trägt die Büros, aber die EuRegio trägt dazu bei, dass Projekte gefördert werden. Zwar trägt die EuRegio selbst keine Projekte, hilft aber bei der Vermittlung von Fördermöglichkeiten von Brüssel aus. Zum Beispiel haben wir unterstützt, dass das Wenger Moor und eine Moorlandschaft in Bayern zusammen ein Projekt gemacht haben. Man braucht also immer einen Partner auf der anderen Seite der Grenze. I.: Und da wird es auch Projekte aus dem Verkehr oder der Landwirtschaft geben? H.: Massenweise! Wir haben Facharbeitsgruppen gehabt in der Raumplanung, in der Land- und Forstwirtschaft, Jugend & Bildung, Innovation, Technologie, Soziales, Sport, Wirtschaft, Katastrophenschutz, Rettungswesen, Feuerwehr, Tourismus und Verkehr, Umwelt- und Naturschutz. Es sind dann noch weitere dazugekommen. Zum Beispiel Rettungswesen: Es war damals nicht möglich grenzüberschreitende Fahrten durchzuführen. In den Facharbeitsgruppen haben wir dann geschaut, was man tun kann, dass man gegenseitige Hilfeleistungen bieten kann. I.: Wie hat das mit der Bildung funktioniert? H.: Uns war wichtig, dass Schulen zusammengeführt werden und das europäische Verständnis gefördert wird. Dass gemeinsame Projekte durchgeführt werden, dass sich die Direktorinnen und Direktoren treffen und sich austauschen und wieder gemeinsame Projekt machen. M1 Über die EuRegio Salzburg – Berchtesgadener Land – Traunstein Sachtexte analysieren Sachtexte bilden einen wesentlichen Bestandteil im GW-Unterricht. Sie liefern Fakten und oft auch weiterführende Informationen zu einem bestimmten Sachverhalt. Sachtexte können aus einschlägiger Fachliteratur oder aus Zeitungen, Zeitschriften oder Nachrichten stammen. Schritt für Schritt: Text lesen: den Text mindestens zweimal genau lesen, wichtige Aussagen und Schlüsselwörter unterstreichen oder markieren (eventuell in unterschiedlichen Farben), unbekannte Wörter nachschlagen Markante Stellen beachten: Überschriften berücksichtigen; Gibt es Tabellen, Grafiken, Illustrationen oder Fotos, die den Text veranschaulichen? Fragen an den Text stellen: Um welche Art von Text handelt es sich (zB Zeitungsbericht, Reportage, Artikel in Fachzeitschrift, Auszug aus Fachbuch, …)? Wer schrieb den Text? Wann wurde der Text verfasst? Was ist die Intention der Autorin oder des Autors? Worin besteht die Kernaussage? Mit welchem Vorwissen kann der Text in Beziehung gesetzt werden? Methode Regionalentwicklung – EuRegio 1 Analysieren Sie das Interview. 2 Nehmen Sie Stellung zur Entwicklung des europäischen Gedankens durch die EuRegio. { } In Berchtesgaden hat die TU München eine Außenstelle errichtet, um Kinder ab sechs Jahren für Technik zu begeistern. Und solche Einrichtungen stehen dann halt nicht nur den Bayern zur Verfügung, sondern auch den österreichischen Schulen. I.: Und haben Schülerinnen und Schüler dann tatsächlich gewechselt? H.: Ich kann nur ein Beispiel sagen: Wir haben in Salzburg ein Abendgymnasium, und das hat einmal mit den Anmeldezahlen ein bisschen geschwächelt. Dann haben wir im bayerischen Bereich eine Werbekampagne gestartet und mittlerweile haben wir 30 bis 40% bayerische Schülerinnen und Schüler im Abendgymnasium. Aber auch im Berufsschulwesen, dass Salzburger Schülerinnen und Schüler drüben Berufsschulen besuchen. I.: Welche Herausforderungen hat es gegeben? H.: Wir haben Ende der 1990-er Jahre an einem Entwicklungskonzept zur noch intensiveren Zusammenarbeit gearbeitet. Da haben wir zum Beispiel hineingeschrieben, dass im Bäderbereich nicht in jeder Stadt ein eigenes Bad errichtet werden muss, sondern dass wir hier zusammenarbeiten könnten. Das war aber nicht möglich, da war das Kirchturmdenken einfach zu groß. Ähnliches gilt auch für den Krankenhausbereich. Da war angedacht, Schwerpunktkrankenhäuser nicht überall zu errichten, sondern sie einigermaßen zu verteilen. Ich glaube, da sind wir auch noch nicht sehr weit gekommen. Es sind also schon noch Vorbehalte da. Aber viele, viele Dinge sind im kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich passiert, und daher hat die EuRegio sicher eine Berechtigung. I.: Sie haben den Flughafen schon angesprochen, der war damals positiv gesehen? H.: Der war positiv gesehen. Ich nehme das auch nicht so dramatisch. Vor Wahlen kommt das halt immer wieder hoch, dass man im Wahlkampf die Wählerinnen und Wähler bei Laune hält. Dazu ein Beispiel: Der Herr Dobrindt hat in Freilassing eine Rede gehalten und fürchterlich gewettert gegen den Flughafen und ist dann von Salzburg weggeflogen. Ein Highlight – und das hat mich auch persönlich sehr berührt – war das Schengen-Abkommen. Der Bayerische Landrat und ich haben gemeinsam den Grenzbalken in Oberndorf durchgesägt und das war ein historischer Moment, der unwiederbringlich ist! I.: Was sagt denn die Bevölkerung zur EuRegio? Gibt’s da auch kritische Stimmen? H.: Das hängt von den Gemeinden ab. Wenn die Gemeinde das für wichtig hält und Projekte mit EU-Förderung durchführt, dann wird das sehr wohl wahrgenommen. Aber als Körperschaft wird sie nicht so wahrgenommen. I.: Was würden Sie sich wünschen für Ihre Euregio? H.: Ich bin überzeugter Europäer und ich glaube, die wichtigste Aufgabe der EuRegio ist es, den europäischen Geist zu fördern. Durch Projekte, die gefördert und die von der EuRegio begleitet wurden, kommt Europa näher und die Vorteile sind sichtbarer. Darum war uns wichtig, Schulklassen über die Grenzen zu führen und von Kindesbeinen an den Europagedanken den jungen Leuten beizubringen. Dass wir in Europa zusammengehören, ist ganz wichtig, und da hat die EuRegio eine wichtige Funktion. I.: Herr Hofrat, danke für das Interview! (Das Interview führte Johannes Dorfinger.) Die Arbeitsaufträge helfen Ihnen bei der Erschließung der Inhalte und Materialien des Buches und somit beim Erwerb Ihrer Kompetenzen. In einigen Kapitel finden Sie eine Basisseite, die mit der Erarbeitung einer Fachmethode verknüpft ist. Dabei wird Ihnen die Vorgehensweise in bestimmten Arbeitsschritten empfohlen. Einen Überblick über alle Methoden finden Sie ab S. 152. Die Auftaktseiten zu einem Kapitel führen mitten ins Thema. Auf den Basisseiten erfolgt die Erarbeitung der Themen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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