global 6. Geographie und Wirtschaftskunde, Schülerbuch

56 Fallbeispiel Rumänien – Die Abholzung in den Karpaten schreitet voran Rumänien besitzt eine Waldfläche von über sechs Millio- nen Hektar, wobei sich rund die Hälfte davon im Gebiet der Karpaten befindet. Sechs Prozent dieser Waldfläche wurden schätzungsweise in den letzten 30 Jahren von ausländi- schen Holzunternehmen illegal abgeholzt (M1). Die Vorge- hensweise der Forstarbeiter ist ganz einfach: Gesunde Bäume werden als kranke Baumbestände ausgewiesen und systematisch gefällt. Die Genehmigung für das radikale Abholzen der Bäume erhalten Unternehmen meist von den zuständigen Behörden, die ebenso davon ausgehen, dass die Waldbestände entweder von Schädlingen und Krank­ heiten befallen oder aufwändige Forstarbeiten notwendig sind. Schließlich ist das boomende Geschäft mit dem Holz nicht nur für die lokalen Anbieter lukrativ, sondern sorgt auch bei den ausländischen Investoren für volle Taschen. Der Rohstoff wird von den Investoren in viele verschiedene Länder exportiert und dort wiederum weiterverkauft. Die lokale Bevölkerung hingegen profitiert nur wenig vom land- wirtschaftlichen Ertrag des Waldes. Vor allem Kleinbäuerin- nen und Kleinbauern, die bei fehlendem Kapital nicht mehr die Möglichkeit haben, größere Ländereien zu bepflanzen, sind stark davon betroffen. Obwohl illegale Abholzungen über ein Hektar als Bedrohung der nationalen Sicherheit eingestuft werden, gibt es offenbar keine effektive Kontrol- le seitens der rumänischen Regierung. Überprüfungen en- den meist in Chaos und Korruption. Der dabei entstandene Schaden für den rumänischen Staat beträgt rund fünf Mil­ liarden Euro. Tschechien – Das Geschäft mit dem fruchtbaren Land Die Ackerbauflächen in Tschechien stehen momentan hoch im Kurs. Der Handel mit agrarischem Boden ist gerade für große und kleine Investoren sehr verlockend, um sich ge- gen eventuelle Inflationen zu wappnen. Nebenbei gibt es auch noch Fonds und börsennotierte Gesellschaften, die gerne in tschechische Anbaugebiete investieren. Die stei- genden Preise für Agrarrohstoffe und starke Nachfrage von Nahrungsmitteln sind ausschlaggebend dafür, dass Acker- land zu einem beliebten Anlagen- und Spekulationsobjekt geworden ist. Man spricht dabei von Land Grabbing (M2 und M3). Durch diesen Landraub kommt es zu einem Strukturwandel in der Landwirtschaft. Auch hier gelangen Kleinbetriebe zunehmend unter Druck und können mit Großkonzernen nicht mehr Schritt halten. Sie werden häufig übergangen und verlieren regelrecht den „Boden unter ihren Füßen“. M1 Abholzung in den Karpaten Definition: Land Grabbing Obwohl es in Europa noch ein begrenztes Phänomen ist, muss Land Grabbing im breiteren Kontext der struktu­ rellen Veränderungen in der Landwirtschaft gesehen und bewertet werden. In Europa herrscht ein dramatisch hohes Niveau an Landkonzentration, und die kleinbäuer- liche Landwirtschaft schwindet rasant. Land Grabbing und die damit verbundene Privatisierung und Enteig- nung natürlicher Ressourcen beschleunigen diesen Trend. Im Vergleich zu Ländern in Afrika, Asien, Latein- amerika und früheren Sowjetstaaten ist Land Grabbing in Ausmaß und Umfang in der EU allerdings noch be- grenzt und besonders auf die osteuropäischen EU-Mit- gliedstaaten konzentriert. Beteiligt am Land Grabbing ist eine ganze Bandbreite von AkteurInnen: in- und ausländische, staatliche und nicht-staatliche sowie natürliche und juristische Perso- nen. (https://www.fian.de/fileadmin/user_upload/bilder_ ­ allgemein/Publikationen/FF_Magazin/ff2016-S. 4-5.pdf, abgerufen am 23.10. 2016) M2 Landraub M3 Land Grabbing Kompetenzorientierte Lernziele  die Problematik des Landraubs beurteilen  Strukturen und Wandel landwirtschaftlicher und industrieller Produktionsbedingungen in Europa vergleichen Land Grabbing in Osteuropa Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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