global 6. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

34 Fallbeispiel Modelle der staatlichen Unterstützung von Familien im Vergleich Die sinkenden Geburtenraten in Europa lassen sich vor allem auf grundlegende Veränderungen in der Familienplanung zurückführen. Die Rolle der Frau hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Die zunehmende Gleichberechtigung im Zugang zur Bildung führte dazu, dass Frauen durch hohe berufliche Qualifikationen erwerbstätig und von einem Partner finanziell unabhängig sein wollen. Deshalb ist für viele Frauen die Gründung einer Familie zweitrangig. Hohe Kinderzahlen gibt es nur in jenen europäischen Staaten, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht zuletzt durch finanzielle Förderungen unterstützen. Neben der Zahlung von Kindergeld ist es unerlässlich, dass die Erwerbstätigkeit beider Elternteile gewährleistet werden kann. Norwegen: 1.) Eltern haben unabhängig von der Anzahl der Kinder Anspruch auf Kindergeld bis zum 18. Geburtstag. 2.) Norwegen unterstützt alleinerziehende Mütter und Väter mit höherem Kindergeld und zusätzlichen finanziellen Leistungen. 3.) Jedes Kind hat rechtlichen Anspruch auf einen staatlich geförderten Kindergartenplatz. Norwegen hat nicht nur eine der höchsten Geburtenraten Europas, in keinem anderen europäischen Land arbeiten so viele Frauen in Führungspositionen. Die gut organisierte öffentliche Kinderbetreuung sowie ein striktes Arbeitszeitgesetz ermöglichen es Müttern, Vollzeit zu arbeiten und sich somit nicht zwischen Kind und Karriere entscheiden zu müssen. Frankreich: 1.) Frankreich unterstützt vor allem kinderreiche Familien. So haben Familien erst ab dem zweiten Kind Anspruch auf einkommensunabhängiges Kindergeld. 2.) Es gilt das Prinzip, dass Kinder möglichst rasch in die Gesellschaft integriert werden sollen. Deshalb gibt es ein gut ausgebautes Angebot an Kinderkrippen, Tagesstätten, Vorschulen und Ganztagsschulen. 3.) Familien mit hohem Einkommen und vielen Kindern werden außerdem steuerlich begünstigt. Resultat dieser Familienpolitik sind eine vergleichsweise hohe Geburtenrate und ein hoher Beschäftigungsgrad der Frauen. Mehr als 40 Prozent der Frauen mit Kindern im Vorschulalter arbeiten bereits wieder Vollzeit. Außerdem gilt: Je höher eine Frau auf der Karriereleiter klettert, desto mehr Kinder hat sie im Durchschnitt. Rumänien: 1.) In Rumänien hatten Eltern bis 2010 Anspruch auf Kindergeld in der Höhe von 85 Prozent ihres letzten Durchschnittseinkommens. Aufgrund von Sparmaßnahmen wurde dieser Betrag auf 72 Prozent herabgesetzt. 2.) Zudem wurde der Mutterschaftsurlaub von zwei Jahren auf ein Jahr gekürzt. Eine Verlängerung ist nur bei Verzicht auf Leistungen möglich. 3.) In Rumänien besteht ein großer Mangel an Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen. Die Regierung will dieses Problem lösen, indem nach Möglichkeit Krankenhäuser in Kinderkrippen umfunktioniert werden. Rumäniens Familienpolitik ist durch massive Sparmaßnahmen geprägt. Die Folge sind stark zurückgehende Geburtenraten. Zudem steigt tendenziell das Alter der Frauen bei ihrem ersten Kind. Österreich: 1.) Eltern haben für jedes Kind Anspruch auf Familienbeihilfe. Bei zwei oder mehr Kindern wird zudem ein Mehrkindzuschlag ausbezahlt. 2.) Der Besuch des Kindergartens für ein Jahr (Gratiskindergartenjahr) ist verpflichtend und kostenlos. 3.) Vielerorts mangelt es an Kinderbetreuungsplätzen, weshalb viele Frauen nicht oder nur in Teilzeit arbeiten können. Zudem erschweren ungünstige Öffnungszeiten und hohe Kosten den Wiedereinstieg ins Berufsleben. Aufgrund von fehlenden Kinderbetreuungsplätzen und mangelnder Akzeptanz von berufstätigen Frauen in der Gesellschaft ist es vor allem im ländlichen Raum schwierig, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. So sind 45,5 Prozent der Frauen, aber nur 10 Prozent der Männer aufgrund der Betreuung ihrer Kinder nur in Teilzeit beschäftigt. Kompetenzorientierte Lernziele verschiedene Modelle der Familienpolitik in europäischen Staaten vergleichen alternative familienpolitische Maßnahmen erarbeiten Karikaturen interpretieren Familienpolitik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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