global 6. Geographie und Wirtschaftskunde, Schülerbuch

29 Maturaaufgabe Raumbegriff und Strukturierung Europas diskutieren Vielfalt Europas – gemeinsame Identität? Identität entsteht aus einem Gefühl des Dazugehörens. Europa aber umfasst eine Vielzahl an eigenständigen Sprachen und Kulturen, an Regionen mit unterschiedlichen Voraussetzungen, Traditionen und Wirtschaftskraft. Kann so ein Zusammen­ gehörigkeitsgefühl überhaupt entstehen? 1 Arbeiten Sie die zentralen Aussagen der beiden Karika- turen heraus. 2 Erläutern Sie anhand von M2 und M3, welche Faktoren einer Identitätsbildung zugrunde liegen. 3 Diskutieren Sie unterschiedliche Abgrenzungskriterien Europas (M4). 4 Nehmen Sie Stellung: In welchen Lebensbereichen füh- len Sie sich zu Europa, zu Ihrem Heimatland, zu Ihrer Region gehörig? { { } } M1 The Perfect European (SCHWUPP) M2 Mutter Europa und ihre Kinder (Gerhard Mester) Grenzen und kulturelle Identität Europas Der Rückgriff auf die geographischen Grenzen Europas hilft nicht viel weiter. So klar sich die Grenzen im Norden, Westen und Süden bestimmen lassen, wo der europäische Kontinent vom Polarmeer, Atlantik und Mittelmeer um- rahmt wird, so umstritten ist die Begrenzung im Osten. Hier verläuft die Grenze im Wesentlichen auf dem Fest- land, und zwar nach traditioneller Definition entlang von Uralgebirge, Uralfluss, Kaspischem Meer, Kaukasus oder Manytschniederung, Schwarzem Meer und Bosporus. Aber diese konventionelle Abgrenzung ist mehr oder weniger willkürlich. Sie folgt keinem durchgängigen geographi- schen oder geomorphologischen Prinzip. Lassen sich die Grenzen Europas bzw. der Europäischen Union durch traditionell-historische Traditionen bestimmen? Die Aner- kennung der drei Grundprinzipien des Europarats – Men- schenrechte, freiheitliche Demokratie, Rechtsstaatlichkeit – ist Grundlage einer gemeinsamen kulturellen Identität. Aber es gibt viele Staaten in europafernen Regionen, die sich zu den selben Grundwerten bekennen, ohne daraus das Ziel einer EU-Mitgliedschaft ableiten zu wollen. Das Christentum ist ein weiteres wesentliches gemeinsames Element der „Alten Welt“. Im 18. Jahrhundert ging man davon aus, dass Europa ein zusammenhängend christlich geprägter Raum sei. Vielfach wird diese Definition auch heute noch – bewusst oder unbewusst – zugrunde gelegt. Zwar spielt die christliche Kultur seit der Renaissance, der Aufklärung und der Säkularisation des Alltags nicht mehr die dominierende Rolle, trotzdem wird es schwerfallen, zum Beispiel bei der Frage des EU-Beitritts der Türkei die Hürden dieser Tradition zu überwinden. (Wilfried Korby: Grenzen der Europäischen Union? In: Fun- damente. Geographie Oberstufe. Stuttgart und Leipzig: Klett 2008, S. 394) M3 Europäische Identität Gibt es eine europäische Identität? Befragungen ergeben, dass nur etwa einer von zehn EU- Bürgern sich in erster Linie als Europäer definiert. Neun von zehn Befragten dagegen geben klar an, dass ihre vorrangige gemeinsame Identität nach wie vor auf ihre nationale Zugehörigkeit bezogen bleibt. Demgegenüber betonen Europapolitiker und Historiker immer wieder die Gemeinsamkeiten europäischer Kultur, die sich in der Literatur, der Kunst, der Musik und in der Architektur zei- gen. Auf den Eurogeldscheinen finden sich Bauwerke, wenn auch fiktive, die als besonders paneuropäisch gel- ten sollen. Andererseits lautet einer der zentralen Glaubenssätze der EU: in Vielfalt vereint. Gibt es gar mehrere Identitäten? Wie kommt es nun zur Ausbildung eines europäischen Bewusstseins? Kann der Einzelne womöglich mehrere Identitäten bilden: eine individuelle, regionale, eine natio- nale und eine europäische Identität? Was aber macht dann die europäische Identität aus? Und noch weiter gefragt: Was ist Europa? Wo liegen dessen Grenzen und damit die der Europäischen Union? (Simone Bub-Kalb ua: GWG Gemeinschaftskunde Wirt- schaft 3, Gymnasium Baden-Württemberg. Stuttgart und Leipzig: Klett 2009, S.174) M4 Grenzen Europas Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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