global 6. Geographie und Wirtschaftskunde, Schülerbuch

138 Fallbeispiel Kompetenzorientierte Lernziele  Herausforderungen und Chancen des EU-Beitritts der Westbalkan-Staaten analysieren  (National)Staatlichkeit und Bildung neuer europäischer Regionen hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit diskutieren Beitrittskandidaten am Westbalkan Westbalkan – ein langer Weg zur EU-Integration? Zu den Westbalkan-Staaten gehören Albanien, Bosnien- Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Serbien sowie Kroatien, das als einziger dieser Staaten seit 2013 Mitglied der Europäischen Union ist. Die EU strebt eine Integration aller Westbalkanstaaten an und hat bereits Beitrittsverhandlungen mit Montenegro und Serbien eröff- net. Bosnien und Herzegowina sowie das Kosovo sind eben- falls potenzielle Kandidatenländer für den Eintritt in die EU. Geplant ist eine Schritt-für-Schritt-Integration aller Westbal- kan-Staaten. Allerdings gibt es zahlreiche strukturelle, poli- tische und sozioökonomische Probleme und Instabilitäten sowie ethnische Konflikte, die die Integration erschweren. Der Westbalkan – eine heterogene Region mit zahlreichen Problemen Die Region auf dem westlichen Balkan zeichnet sich durch politische, rechtliche, wirtschaftliche und ethnische Hetero- genität aus und rückt zunehmend in das Interesse der Euro- päischen Union. Nicht zuletzt aufgrund seiner Lage spielt der Westbalkan eine Schlüsselrolle als Transitregion für Migrantinnen und Migranten und Flüchtlinge aus außereu- ropäischen Ländern wie Syrien, Afghanistan und Pakistan (M2), die oftmals illegal über Griechenland oder die Türkei nach Westeuropa gelangen wollen. Zudem stellt auch der durch die schlechte wirtschaftliche und politische Situation verursachte Migrationsdruck ein europäisches Problem dar. Die Westbalkanstaaten sind seit den 1960-er Jahren traditio- nelle Herkunftsländer von Arbeitsmigrantinnen und -mig- ranten in Europa (vor allem Italien, Schweiz, Griechenland, Deutschland). Die Jugoslawienkriege Anfang der 1990-er Jahre setzten auch zahlreiche Emigrationsprozesse in Gang. Zudem sind viele westliche EU-Mitgliedstaaten seit Jahren von einer steigenden Zahl von Asylsuchenden aus dem Westbalkan konfrontiert. In den letzten Jahren sind die Asylanträge vor allem in Deutschland stark angestiegen, weil die Visapflicht für Staatsangehörige von Mazedonien, Montenegro, Serbien (2009), Albanien und Bosnien und Herzegowina aufgehoben wurde. Im Jahr 2014 fanden sich unter den zehn Hauptherkunftsländern von Asylsuchenden fünf Westbalkanstaaten (M3). Allerdings bekommen unter- durchschnittlich wenige Antragstellerinnen und Antrag­ steller Asyl gewährt. Gründe für ihre Abwanderung sind meist der niedrige Lebensstandard und die gesellschaftli- che Marginalisierung – Menschen werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt und sind im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben benachteiligt. Weitere Push-Fakto- ren sind ungenügende Bildungssysteme, mangelhafte Ge- sundheitsversorgung, hohe Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichheit. Serbien auf dem Weg zum EU-Beitritt Mit über sieben Millionen Einwohnern ist Serbien das be- völkerungsreichste und größte EU-Erweiterungsland auf dem Westbalkan. Die Annäherung zur EU war lange Zeit insbesondere durch den Konflikt zwischen Serbien und Kosovo als Folge der Jugoslawienkriege und der einseiti- gen Unabhängigkeitserklärung Pristinas 2008 erschwert. Im April 2013 wurde unter EU-Vermittlung eine Normali­ sierungsvereinbarung zwischen Belgrad und Pristina ge- schlossen und dadurch ein großer Meilenstein für den Bei- trittsprozess gelegt. Anfang 2014 begannen die ersten Beitrittsverhandlungen. Eine Voraussetzung für den Beitritt ist ein funktionierendes Asylsystem. Zwar hat Serbien 2007 ein Asylgesetz eingeführt, das Asylsystem ist aber nach wie vor stark reformbedürftig. Zudem könnte die politische Verbindung Serbiens zu Russland ein weiterer Stolperstein sein (M1). Putin beliebter als Vučić „Das ist für uns ein großer und bedeutender Tag, einer jener Tage, an denen Geschichte geschrieben wird und wir nicht länger von der Europäischen Union träumen, sondern von nun an hart arbeiten müssen, bis wir Teil der europäischen Völkerfamilie werden.“, sagte Alexan- der Vučić als Serbien das erste Kapitel der Beitrittsver- handlungen öffnete. (…) Laut jüngsten Umfragen des Portals NSPM sind 46,8 Prozent der Serben für und 41,5 Prozent gegen einen EU-Beitritt; für einen Bund mit Russland sind 68,2 Prozent, während von allen auslän­ dischen Politikern der russische Präsident Wladimir Putin mit 36,1 Prozent das größte Vertrauen genießt. Die von Regierungschef Vučić so hoch gepriesene Angela Merkel landete mit nur 7,3 Prozent an zweiter Stelle. Vučić selbst hat eine Unterstützung von mehr als 45 Prozent. Neben den üblichen Schwierigkeiten bei der Eröffnung und Schließung einzelner Kapitel lasten auf Serbien zusätzlich die engen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland. Vučić zufolge sollte Serbien bis 2017 seine Außenpolitik in Einklang mit der EU brin- gen. Bisher weigerte sich Serbien trotz Drucks aus Brüs- sel, sich dem Wirtschaftsembargo gegen Russland anzu- schließen. (derstandard.at/20002758414/Serbien-will-2019-bereit- fuer-die-EU-sein, Andrej Ivanji, 15.12. 2015, abgerufen am 7.12. 2016) M1 Serbien-Verbindung zu Russland? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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