global 6. Geographie und Wirtschaftskunde, Schülerbuch

115 Wettbewerbspolitik und Regionalpolitik bewerten Gründe für Luxemburgs Reichtum Luxemburg verdankt einen Großteil seines Reichtums der Stahl- und Eisenindustrie. Als diese in den 1970-er Jahren in die Krise schlitterte, setzte das kleine Großherzogtum auf Steuererleichterungen für den Finanzsektor (heute ist Lu- xemburg ein international bedeutender Finanzplatz) sowie den Dienstleitungsbereich. Auch offene Grenzen und die Öffnung des Arbeitsmarktes für Ausländerinnen und Aus- länder (2/3 Ausländeranteil) und Einpendlerinnen und Ein- pendler (rund 140 000 Menschen aus Nachbarländern) spiel- ten eine wesentliche Rolle. Gründe für Bulgariens Armut Bulgarien gelang es nach dem Übergang vom Kommunis- mus zur Demokratie (1990) nur bedingt, funktionsfähige marktwirtschaftliche Strukturen zu schaffen. Als es 2007 als ärmstes Land der EU beitrat, wies es große Defizite in den Bereichen Justiz und Bekämpfung der organisierten Krimi- nalität auf. Knapp zehn Jahre später sind viele Probleme die gleichen geblieben. Das politische System und der Banken- sektor sind instabil, die Justiz undurchsichtig und das Steu- ersystem kompliziert und für Schlupflöcher bekannt. Nach wie vor ist die öffentliche Infrastruktur, insbesondere im Verkehrs- und Gesundheitswesen sowie bei Bildung und Forschung, wenig entwickelt. Staatliche Unternehmen sind überschuldet (Bahn, Energiesektor, Krankenhäuser) und können nicht privatisiert werden. Das Land leidet unter Bevölkerungsrückgang. All diese Umstände führen zu man- gelndem Vertrauen auf Seiten der Bevölkerung sowie po- tenzieller Investorinnen und Investoren. Errungenschaften der EU-Regionalpolitik in Bulgarien In der aktuellen Förderperiode werden Bulgarien 10 Mrd. Euro gewährt. Luxemburg erhält im Vergleich derzeit 59,7 Mio. Euro, was nicht einmal 1% der Fördergelder Bul­ gariens entspricht. Nach dem Beitritt Bulgariens brauchte es erst Zeit, um Veränderungen zu bewirken. Mit Hilfe der Regional- und Kohäsionspolitik konnten jedoch wesentliche Reformen auf den Weg gebracht und erste Erfolge erzielt werden. So wurden zahlreiche neue Jobs geschaffen, Bil- dungschancen erhöht, die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut, kulturelle Einrichtungen modernisiert, öffentliche Gebäude mit energiesparenden Maßnahmen ausgestattet usw. Ver- gleicht man diese Resultate mit den anfangs definierten Vorgaben, muss jedoch kritisch festgestellt werden, dass die Ziele der EU nur zum Teil erreicht werden konnten. Mit ein Grund könnte der häufig angeprangerte Umstand sein, dass Teile der Fördergelder versickert bzw. korrupten Orga- nisationen zum Opfer gefallen sind. Schlussfolgerung Zweifelsohne handelt es sich bei den hier diskutierten Kennzahlen um eine kleine Auswahl, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Dennoch lassen sich zwei zen­ trale Schlüsse ziehen: Zum einen ist Bulgarien im Jahr 2007 im Vergleich zu Luxemburg aus einer deutlich schwierige- ren Position heraus in die EU gestartet. Zum anderen ist es Bulgarien im Gesamtvergleich auch nach 13 Jahren in der EU nur zum Teil gelungen, den Rückstand aufzuholen. Den- noch muss anerkannt werden, dass sehr wohl Fortschritte verzeichnet werden konnten – nicht zuletzt aufgrund der umfangreichen EU-Fördergelder – und Neuausrichtungen in Wirtschaft und Gesellschaft offensichtlich mehr Zeit brauchen. M2 Die Donaubrücke zwischen Bulgarien und Rumänien wurde mit 70 Mio. Euro von der EU gefördert. M3 Karikatur 1 Holen Sie zu den angegebenen Kennzahlen in M1 je- weils auch die Werte Österreichs ein. Stellen Sie dar, wo Österreich im Vergleich liegt. 2 Recherchieren Sie weitere Daten (zB Exportquote, Wett- bewerbsfähigkeit, Budgetdefizit) für die beiden Länder in M1 und interpretieren Sie die Ergebnisse. 3 Überlegen Sie, warum die Kluft zwischen Arm und Reich eine Gefahr darstellt. Bewerten Sie, welche Rolle die EU-Regionalpolitik hierbei spielt. 4 Öffnen Sie den Link http://ec.europa.eu/regional_poli- cy/en/information/maps/social_progress und verglei- chen Sie die Werte Luxemburgs mit einer Region Bulga- riens sowie Ihrem Bundesland. Erörtern Sie die Unterschiede. { { } { Arbeitsheft S. 55 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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