global 5. Geographie und Wirtschaftskunde, Schülerbuch

86 Fallbeispiel Durchlässigkeit von Gesellschaften Kompetenzorientierte Lernziele den Begriff „Soziale Mobilität“ erklären soziale Ungleichbehandlung analysieren die Durchlässigkeit der US-amerikanischen Gesellschaft thematisieren Soziale Mobilität in Österreich Den Traum, durch harte Arbeit reich zu werden, haben wohl viele Menschen. Wirklichkeit wird er aber nur selten. Der gesellschaftliche Auf- oder Abstieg ist gekennzeichnet durch Faktoren wie die Vererbung von Bildungschancen, die Ungleichverteilung von Vermögen und sozialen Netzwerken oder die Auswirkungen von schon in der Kindheit erworbenen Grundhaltungen und Verhaltensweisen. Die Statistik zeigt, dass Bildung vererbt wird. In Österreich erreicht laut einer OECD-Studie aus dem Jahr 2020 mehr als die Hälfte der Akademiker-Kinder einen Studienabschluss, aber nur 6% der Kinder, deren Eltern einen Pflichtschulabschluss haben, schaffen diesen. Laut einer Studie der WU Wien geben Eltern ihre Bildung schon ab den ersten Lebensjahren an ihre Kinder weiter. Ausschlaggebend für den Bildungsabschluss von Mädchen ist die Bildung der Mutter, bei Buben die Bildung der Väter. Bei Menschen mit Migrationshintergrund ist die Bildungsmobilität noch geringer. Auch Vermögen und Erben sichern den Verbleib in einer gesellschaftlichen Schicht. In Österreich gibt es laut einer Studie der Oesterreichischen Nationalbank in der unteren Hälfte der Haushalte kaum nennenswerte Erbschaften, die reichsten 10% erben im Schnitt 300 000 Euro. Kinder aus wohlhabenden Familien haben es im zukünftigen Arbeitsleben leichter, da sie oft auf die sozialen Netzwerke ihrer Eltern zurückgreifen können, um sich gut bezahlte Positionen am Arbeitsmarkt zu verschaffen. Kinder aus weniger begüterten Familien haben diese Möglichkeit selten. „The American Dream“ – Gibt es ihn noch? In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung ist das „Streben nach Glück“ als unveräußerliches Recht festgeschrieben. Auf der Idee, dass in den USA jede und jeder ihr bzw. sein Glück machen kann, basiert der „amerikanische Traum“. Durch Freiheit, Chancengleichheit, Eigenverantwortung und harte Arbeit hat jede und jeder die Möglichkeit, zu Erfolg und Wohlstand zu gelangen. Diesen Traum konnten sich viele, aber bei weitem nicht alle Einwanderinnen und Einwanderer etwa 200 Jahre lang erfüllen. Und wie aktuelle Studien zeigen, ist der erreichbare soziale Status eines Menschen in den USA sehr stark von seiner Herkunftsfamilie und deren Klassenzugehörigkeit abhängig. Hauptursache dafür ist die enorme ökonomische Ungleichheit. 1 000 2 000 3 000 0 4 000 5 000 6 000 7 000 Anzahl inländische Erstimmatrikulierte 49,6% 43,9% 26,2% 7,2% 16,9% 21,6% 28,0% 36,8% 38,1% 60,8% Schulbildung der Mutter Schulbildung des Vaters 28,0% der Erstimmatrikulierten an öffentlichen Universitäten haben Akademiker zum Vater. Davon ist bei 60,8% auch die Mutter Akademikerin. Lehre Pflichtschule Pflichtschule Lehre Fachschule (mittlere Schule) Höhere Schule (Matura) Hochschule, Akademie Höhere Schule (Matura) Hochshule, Akademie Fachschule (mittlere Schule) M1 Soziale Herkunft der inländischen Studierenden an Universitäten (Hochschulstatistik 2014/15) Der amerikanische Traum hat Dellen bekommen Schaut man auf die Zahl der illegalen Einwanderer im Land, dann hat der amerikanische Traum nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt. Noch immer kommen Arme und Aufstiegswillige besonders aus Südamerika, um in Amerika ihr Glück zu suchen. Die Mittelschicht in Amerika ist unzufrieden und zukunftsskeptisch geworden. Und dafür gibt es viele gute Gründe. Seit den 90er-Jahren sind die Löhne nicht gestiegen, selbst das seit zwei Jahren anhaltende Wirtschaftswachstum hat sich bisher noch nicht in den Geldbeuteln niedergeschlagen. Viele Eltern haben auch erlebt, wie ihre Söhne und Töchter in der Wirtschaftskrise keinen Job fanden und im Anschluss an ihre Ausbildung nach Hause zurückgekehrt sind, weil sie es sich nicht leisten konnten, auf eigenen Füßen zu stehen. Weiterkommen durch Bildung und harte Arbeit, ein Haus zu besitzen und dass es die Kinder einmal besser haben sollen als man selbst, das sind die Konstanten. Doch gerade die Zukunftshoffnung hat in den Krisenjahren stark abgenommen. Beantworteten im Jahr 1952 noch 87 Prozent die Frage, ob es reichlich Chancen in Amerika gebe, mit Ja, so waren es im Jahr 2013 nur noch 52 Prozent. Und selbst wenn harte Arbeit immer noch ein sehr wichtiger Wert für Amerikaner ist, so meinen doch immer weniger von ihnen, dass diese harte Arbeit auch belohnt wird. In Gallup-Umfragen haben im Jahr 2001 noch 76 Prozent der Befragten angegeben, zufrieden zu sein mit den Chancen, die sich durch harte Arbeit ergeben. Im Jahr 2012 waren es noch 53 Prozent. (gekürzt nach: http://www.welt.de/politik/ausland/­ article136548431/Der-amerikanische-Traum-hat-Dellenbekommen.html; Clemens Wergin, 20. 1. 2015, abgerufen am 19. 9. 2016) M2 Wer glaubt noch an den American Dream? Nur zu P üfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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