73 Bevölkerung und Gesellschaft diskutieren 1 Beschreiben und analysieren Sie die chinesische Familienpolitik. 2 Vergleichen Sie den Altersaufbau Chinas 2015 mit 2050 und stellen Sie einen Zusammenhang mit dem Diagramm M2 her. 3 Erklären Sie, aus welchen Gründen die Lockerung der Ein-Kind-Politik bisher keine nennenswerten Erfolge zeigt. 4 Erläutern Sie die Folgen der Ein-Kind-Politik Chinas. Stellen Sie diese in einer Mindmap dar. 5 Recherchieren Sie im Internet die Möglichkeiten und Kosten der Betreuung nicht-schulpflichtiger Kinder in Österreich. Fassen Sie Ihre Ergebnisse zusammen. 6 Bewerten Sie die Familienpolitik Frankreichs mit Hilfe der Texte M4 und M5 aus folgenden Perspektiven: Sicht der Familien, Sicht der Regierung und Sicht der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. { { { { { } Frankreich ist Fruchtbarkeitseuropameister In keinem europäischen Land ist die Geburtenrate so hoch wie in Frankreich: Statistisch gesehen bringt jede Frau 2,02 Kinder zur Welt. Das Land gilt als vorbildlich, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht. Ein Nebeneffekt: In Frankreich sind besonders viele Frauen vergleichsweise alt, wenn sie das erste Kind erwarten. Die französische Staatssekretärin für Familienpolitik beeilte sich, die erfreuliche Entwicklung als Resultat „der Fülle familienpolitischer Maßnahmen in unserem Land“ zu bezeichnen. Tatsächlich gibt es in Frankreich seit langem eine Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen, die sich offenbar positiv auf die Bevölkerungsentwicklung auswirken. Dazu gehören 16 Wochen bezahlter Mutterschaftsurlaub für Angestellte und Kindergeldbeträge, die mit dem dritten Kind ansteigen. Das führt dazu, dass in Frankreich die Zahl kinderreicher Familien ebenfalls höher ist als bei den europäischen Nachbarn. Frauen wird der Wiedereinstieg in den Beruf nach der Geburt auch dadurch erleichtert, dass Kleinkindertagesstätten oft für die Eltern kostenlos oder stark subventioniert sind. Rund zwanzig Prozent aller französischen Kinder besuchen sie, mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren werden zumindest zeitweise in einer staatlichen Einrichtung behütet. Die Familienpolitik gilt in Frankreich als Kernstück des französischen Sozialmodells, an dem nicht gerüttelt werden darf. „In Frankreich gilt: je früher das Kind in die Gesellschaft kommt, desto besser für die Charakterbildung“, erklärt Angela Greulich, die an der Pariser Universität Wirtschafts- und Sozialwissenschaften lehrt. „Man sieht das Neugeborene als eine Art weißes Blatt, das beschrieben werden muss: je mehr äußere Einflusse, desto besser für das Kind.“ Dieses Grundprinzip, dass Kinder rasch in die Gesellschaft eingegliedert werden müssen, zieht sich durch die gesamte französische Erziehungs- und Bildungspolitik. Kinderkrippen, Kindertagesstätten, Vorschulen und Ganztagsschulen sind in Frankreich seit Jahrzehnten selbstverständlich. Mehr als 40 Prozent der französischen Frauen mit Vorschulkindern arbeiten in Vollzeit. (http://www.welt.de/politik/article3025853/Frankreich-istFruchtbarkeitseuropameister.html; Sascha Lehnartz, 14. 1. 2009; http://www.dw.com/de/frankreichs-erfolgreichefamilienpolitik/a-16872434; Alois Berger, 11. 6. 2013, abgerufen am 15. 9. 2016) M4 Frankreichs Familienpolitik Liebe auf Distanz Insgesamt drei Jahre lang hat die Architektin Maryline Jury das französische Ideal der berufstätigen Mutter komplett erfüllt, in der Zeit, in der ihre beiden Kinder am kleinsten waren. „Aber ich habe mich gar nicht erfüllt gefühlt, sondern entsetzlich ausgehöhlt. Immer müde, immer gehetzt, immer schuldig.“ Im Juli hat Jury gekündigt und ist nun zu Hause bei ihren Kindern. „Ich brauche eine Auszeit, um zu sehen, wie es weitergeht.“ Die Croix-Rousse ist ein altes Weberviertel in Lyon, beliebt bei jungen Familien. Hier hat der seit 24 Jahren in Frankreich lebende Deutsche Adrian Serban seine Kinderarztpraxis. Er ist außerdem Psychotherapeut für Erwachsene und bekommt viel mit vom Alltag französischer Familien. „Viele Frauen schlingern am Rand der Erschöpfung entlang“, sagt Serban. Gerne würde er ihnen eine MutterKind-Kur ans Herz legen. In Frankreich gibt es jedoch keine Mutter-Kind-Kliniken. Und die Diagnose des „Mütterlichen Erschöpfungssyndroms“ kennt man hier auch nicht. Mehrmals im Jahr besucht der Arzt sein Heimatland, in Lyon liest er deutsche Medien. „Wie man in Deutschland auf den Spuren der französischen Familienpolitik wandelt, bereitet mir Unbehagen, und ich staune darüber, dass immer nur die positiven Seiten dieser Politik in den Medien auftauchen.“ Seit Jahren wird das angeblich frauengerechte Ideal aus Kinderbetreuung und Berufstätigkeit, das in Frankreich herrscht, als Vorbild präsentiert. Schließlich liegt die Geburtenrate dort bei 2,1 Kindern pro Frau und in Deutschland nur bei knapp 1,4. Aber der persönliche Preis, den Eltern und Kinder für diese Familienpolitik bezahlten, sei hoch, sagt Serban. (http://www.zeit.de/2013/37/frankreich-kinder-staatlichefruehfoerderung, Margarete Moulin, 5. 9. 2013, abgerufen am 15. 9. 2016) M5 Die frühe staatliche Betreuung in Frankreich hat ihren Preis. Frauen fühlen sich zunehmend entfremdet von ihren Kindern. Arbeitsheft S. 32, 33 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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