Starke Seiten Deutsch 4, Arbeitsheft, aktualisierte Ausgabe

Texte verstehen: Das Ende von Évas Tagebuch Die Familie ist im Ghetto angekommen. Eigentlich ist alles verboten, aber das Allerschrecklichste ist, dass auf alles die Todesstrafe steht. Egal, um was es geht, man wird nicht in die Ecke gestellt, es gibt keine Schläge. Nichts, nichts! Die kleinste und die größte Strafe ist gleich der Tod. Es steht nicht extra drauf auch für Kinder, aber ich glaube, es gilt auch für uns. Aber Ági hat auch gesagt, dass manche vom Verhör zurückkommen mit eingeschlagenen Zähnen, das Blut rinnt ihnen aus Mund und Nase. Einige Männer mit dick geschwollenen Fußsohlen können gar nicht mehr laufen. Am 29. Mai 1944 schreibt Éva: Jetzt ist wirklich alles aus, kleines Tagebuch. Sie haben das Ghetto in Sektoren eingeteilt, und wir werden alle der Reihe nach von hier weggeschafft. Éva erfährt von einem Transport: Achtzig Personen haben sie in einen Waggon hineingepfercht, mit einem einzigen Eimer Wasser für alle. Und dann wurde die Schiebetür mit einem Vorhängeschloss von außen verriegelt. Bei der Hitze müssten die da drin doch alle ersticken. Aber ich will nicht nach Polen, ich will doch nicht sterben, liebes Tagebuch. Sogar in einem Erdloch würde ich mich verkriechen, bis der Krieg zu Ende ist. Ich kann nicht weiterschreiben, mein Tagebuch, die Tränen verschmieren alles … Ágnes Zsolt Hier endet das Tagebuch. Alle Familienmitglieder kommen im Konzentrationslager Auschwitz um, außer Ági und ihr Ehemann. Sie werden als Passagiere eines Zuges, der im Juni 1944 gegen Zahlung von eineinhalb Millionen Dollar Lösegeld in die Schweiz fährt, gerettet. Évas Mutter arbeitet nach dem Zweiten Weltkrieg als Journalistin und bringt 1947 das Tagebuch ihrer ermordeten Tochter heraus. Sie überlebt Éva nur um sieben Jahre. Auch Évas Stiefvater äußert sich zum Tagebuch: „Es zeigt, wie die würgende Schlinge des Faschismus um das vier Zimmer große Heim der Familie in Nagyvárad immer enger gezogen wird – bis allmählich, und später in immer schnellerem Tempo zuerst die Lebensfreude, dann die menschliche Selbstachtung und die ganze Existenz stranguliert werden – und es schließlich dem dreizehnjährigen Kind wie auch den Erwachsenen tödlich an die Kehle geht.“ Ágnes Zsolt Ein ebenso erschütterndes Zeitzeugnis ist das Tagebuch der Anne Frank, das nach deren Ermordung von ihrem Vater herausgegeben worden ist. Recherchiere im Internet unter dem Buchtitel „Das Tagebuch der Anne Frank“. Notiere Stichworte zum Inhalt. 1 5 Tipp Ein Sektor ist ein Abschnitt. Tipp Mit Polen ist hier das Konzentrationslager Auschwitz gemeint. 1 5 Tipp Unter Faschismus versteht man ursprünglich das autoritäre System in Italien (1922 bis 1945), das durch antidemo­ kratische und nationalistische Bestrebungen gekennzeichnet ist. 1 5 29 60 Persönliche Schicksale Lesen Sprachbuch 102, 103 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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