Starke Seiten Deutsch 4, Arbeitsheft, aktualisierte Ausgabe

Berührende Texte lesen: Schönheit der Natur Ein Wanderer, der auf einen Berggipfel geklettert ist, spürt dort die Stille, die ihn umgibt, und beginnt über sein Leben nachzudenken. Lies seine Gedanken. Sonderbar ist die Stille, die einen keuchenden Kletterer auf dem Gipfel empfängt, eine Stille, die nicht auf ihn gewartet hat, die sich nicht um seine Ankunft kümmert und ihn auf eine unheimliche Weise fast verlegen macht, jetzt, da er sein Streben erfüllt hat und stolz sein möchte, eine Stille, die nichts von Ehrgeiz weiß … Wie am ersten Tag, als Gott das Licht schuf, so blendet das weiße Gebirge ringsum, das sich in den hohen und blauen Himmel zackt, so klar und scharf und spitz wie lauter Kristalle, Gipfel neben Gipfel, so weit man schaut, wie Gottes steile und silberne Handschrift, hingeschrieben an den glühenden Rand dieser Welt. Es ist, als löse sie alles Denken auf, diese Stille, die über der Welt ist; man hört nur noch sein eigenes Herz, das klopft, oder mitunter den Wind, der in den Ohrmuscheln saust. Und wenn einmal eine schwarze Dohle um die Felsen segelt und wieder mit heiserem Schrei entschwindet, immer bleibt diese einsame Stille zurück, die um alles Leben ist und jeden Aufschrei verschluckt, als sei er nie gewesen, diese namenlose Stille, die vielleicht Gott oder das Nichts ist. Max Frisch Kennst du Orte, wo man bewusst Stille finden kann? Nenne einige. Wo findest du Ruhe? Gibt es einen Rückzugsort für dich, der nur dir alleine gehört? Beschreibe diesen Ort und das, was ihn für dich zu etwas Besonderem macht. Lies die beiden folgenden Gedichte. Welche Art von Stille wird hier beschrieben? Überlegt zu zweit. Ergänzt auch Überschriften. Präsentiert euer Ergebnis in der Klasse. Tiefe Stille herrscht im Wasser, Ohne Regung ruht das Meer, Und bekümmert sieht der Schiffer Glatte Fläche rings umher. Keine Luft von keiner Seite! Todesstille fürchterlich! In der ungeheuren Weite Reget keine Welle sich. Johann Wolfgang von Goethe Am Waldessaume träumt die Föhre. Am Himmel weiße Wölkchen nur. Es ist so still, dass ich sie höre, die tiefe Stille der Natur. Rings Sonnenschein auf Wies’ und Wegen, die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach. Und doch, es klingt, als ström’ ein Regen leis tönend auf das Blätterdach. Theodor Fontane Wähle eines der vier Themen im Rahmen aus und schreibe dazu einen kurzen Prosatext oder ein Gedicht. Landschaft Gewitter Einsamkeit Dunkelheit 1 Tipp Der Textausschnitt stammt aus der Erzählung Antwort aus der Stille von Max Frisch . 1 5 10 2 Tipp In der heutigen Welt gibt es kaum Momente, die wir in völliger Stille verbringen und unsere Gedanken, unseren Körper oder Dinge um uns herum bewusst wahrnehmen. Viele Menschen meiden die Stille auch bewusst, um das Nachdenken zu vermeiden. 3 4 5 Tipp Unter einem Prosatext versteht man einen unge­ bundenen Text, also einen Text, der nicht an Reime, Verse, Strophen … gebunden ist. Romane, Märchen, Kurzgeschichten … sind in Prosa verfasst. 28 Wa(h)re Schönheit Lesen Sprachbuch 50, 51 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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