Starke Seiten Deutsch 4, Schulbuch, aktualisierte Ausgabe
Tagebücher erzählen von Problemen: Wer ist schon gern allein? 19.33 Uhr Pfrrrrrrrrrrrrrr. Allein der Gedanke, dass man Hornhaut auf den Augen hat … Bäh! 19.36 Uhr Habe den Verdacht, dass andere Leute an ihrem sechzehnten Geburtstag abends nicht allein in ihrem Zimmer vorm Fernseher rumhängen, Tagebuch schreiben und über ihre Augenhornhaut nachdenken. Oder doch? 19.38 Uhr Hab den Fernseher ausgemacht. Mit Fußtritt. Grund: Eine Reportage über die Jugend von heute. „Das Leben ist eine einzige Party für die Generation Geil, die heutigen Sechzehnjährigen“, hat das Schnarchgesicht von Reporter ins Mikro gebrüllt. Hinter ihm tanzten braungebrannte Jungs und Mädels mit bauchfreien Tops ekstatisch irgendwo am Strand von Lloret de Mar. Dann küssten sich zwei in Großaufnahme. Ihre Augenhornhaut war ihnen total egal, das sah man. Toll. Danke. 19.43 Uhr Esse noch ein Stück Geburtstagskuchen. Mit Smarties. Das ist doch auch sehr schön. Pffff. 19.45 Uhr Wenn mein Leben eine Party ist, dann möchte ich jetzt bitte nach Hause. 19.50 Uhr Ich sollte ehrlich sein, wenigstens in diesem Tagebuch: Ja, ich hatte auf eine Überraschungsparty gehofft. Ich hatte sogar fest damit gerechnet. Hatte in der Clique erwähnt, wie gern ich feiere und wie ungern ich Partys organisiere. Und als sie alle sagten, sie müssten heute Bio lernen und wir würden meinen Geburtstag irgendwann nachholen, da dachte ich, das sei eine Ausrede und sie würden in Wahrheit, ach, egal. 20.00 Uhr Oh, da sind sie ja endlich, die Guten! Höre von unten Musik und Gelächter. Werde schleunigst Kajal nachziehen und Party-Top anziehen. Oder doch nicht? Muss ja aussehen, als hätte ich nichts geahnt. Vielleicht sexy Schlafshirt und verwuscheltes Haar? Schreibe später weiter! 20.10 Uhr Bongbongbong. Würde am liebsten meinen Kopf auf die Tischplatte hauen. Bin eben runtergeschlichen und habe durchs Schlüsselloch ins Wohnzimmer gelinst. Keine Party. Nur Mama und Paps, lesend, bei einem Glas Wein. Absolute Stille, ich konnte die Standuhr ticken hören. Die Musik und das Gelächter kamen von den Nachbarn. 20.17 Uhr Warum krieg ich immer nie was? 20.25 Uhr So ein bekloppter Geburtstag! Komisch, eigentlich ist er ja genau wie die letzten 15, und die fand ich immer ganz okay. Morgens Geschenke, mittags mein Lieblingsessen, nachmittags Besuch von Oma und Opa, noch mal Geschenke, dazu der traditionelle Kult-Kuchen mit Smarties, und abends „mit den Geschenken spielen“. Die Party mit Freunden gab Sonntag, 22. Mai Problem: Seit exakt drei Stunden bin ich sechzehn. Ich darf jetzt bis Mitternacht weggehen. Und Segelflugzeuge fliegen! Traktor fahren! Und Bier trinken! Außerdem kann ich ab sofort bestimmen, wer nach meinem Tod meine Organe bekommt, meine Leber oder meine Augen hornhaut. Das ist doch super. Warum bin ich trotzdem so deprimiert? Tipp Das Buch Wen küss ich und wenn ja, wie viele von Mara Andeck erzählt in Tagebuchform von den Stimmungen und Erlebnissen der 16-jährigen Lilia Kirsch. 1 5 10 15 20 25 30 35 80 Respektvolles Miteinander Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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