Starke Seiten Deutsch 4, Schulbuch, aktualisierte Ausgabe
Inhalte erfassen: Dinge, die mein Leben verändern Die siebzehnjährige Mia hat alles. Punks als Eltern, die ihren Kindern zuliebe ihr wildes Leben aufgeben, einen niedlichen Bruder namens Teddy und einen umwerfenden Freund namens Adam, der Leadsänger der Indie-Rockband „Shooting Star“ ist. Mia selbst spielt Cello. Dank ihrer großen Begabung als Musikerin wurde sie in einer der wichtigsten Musikschulen des Landes, der Juilliard, aufgenommen. Dann beschließt die Familie an einem Wintertag, Freunde der Eltern zu besuchen – und ein Autounfall verändert alles. Man sollte nicht glauben, dass das Radio danach noch funktioniert. Aber das tut es tatsächlich. Der Wagen ist wie ausgeweidet. Der Aufprall des Kleinlasters, der sich mit beinahe hundert Stundenkilometern in die Beifahrerseite pflügte, hatte die Wucht einer Bombe. Er riss die Türen ab und schleuderte den Beifahrersitz durch die Fensterscheibe auf der Fahrerseite. Er schnipste das Fahrgestell in die Höhe, ließ es über die Straße hüpfen und riss den Motor auseinander, als wäre er nur aus Spinnweben gemacht. Er schleuderte Räder und Radkappen bis weit in den Wald hinein. Er entzündete die Reste des Tankinhalts, sodass winzige Flammen über die nassen Straßen leckten. Und dann der Lärm. Eine Symphonie aus Knirschen, ein Chor aus Platzen, eine Arie aus Explosion und schließlich das traurige Klatschen von hartem Metall gegen weiche Baumstämme. Dann wurde es still. Bis auf eins: Beethovens Cellosonate Nummer drei, die immer noch spielt. Es dauert nicht mehr lange, bis die Sirenen kommen. Gayle Forman Schwer verletzt wird Mia ins Krankenhaus gebracht. Der Chirurg schwitzt stark. Eine der Krankenschwestern muss ihm regelmäßig den Schweiß mit einem Gazetuch abtupfen, das sie mit einer großen Pinzette hält. Die Anästhesistin hat sanfte Finger. Sie sitzt an meinem Kopf und überwacht meine Lebenszeichen, reguliert die Menge an Flüssigkeiten und Gasen und Medikamenten, die man mir einflößt. Sie macht ihre Arbeit wohl gut, denn ich spüre überhaupt nichts, selbst wenn sie an meinem Körper zerren und reißen. Es ist eine harte, schmutzige Arbeit, nicht zu vergleichen mit dem Operationsspiel, das wir als Kinder spielten, wo man nichts berühren darf, wenn man einen Knochen entfernt, weil ansonsten der Alarm losgeht. Die Anästhesistin streichelt mir mit ihren Latexfingern gedankenverloren die Schläfen. Das hat meine Mutter immer gemacht, wenn ich eine Erkältung hatte oder diese Kopfschmerzen, die so wehtun, dass ich mir am liebsten den Kopf aufgeschnitten hätte, um den Druck zu lindern. Ich fange an wegzudösen. Und dann rätsele ich wieder über diesen merkwürdigen Zustand, in dem ich mich befinde. Wenn ich nicht tot bin – und der Herzmonitor piept beharrlich; daher nehme ich an, dass ich es nicht bin –, aber mich auch nicht in meinem Körper befinde, kann ich dann überall hingehen? Bin ich ein Geist? Könnte ich mich an einen Strand auf Hawaii beamen? Oder in die Carnegie Hall nach New York? Oder zu Teddy? Ich gehe zur Wand und stelle mir vor, dass ich einfach hindurchschwebe und auf der anderen Seite wieder herauskomme. Aber nichts dergleichen geschieht: Als ich gegen die Wand laufe – laufe ich gegen die Wand. Gayle Forman Tipp Mehr zum Thema Indie-Rock erfährst du in deinem Arbeitsheft auf Seite 24 . Tipp Der Textausschnitt stammt aus dem Roman Wenn ich bleibe von Gayle Forman. Das Buch wurde auch verfilmt. 1 5 10 Tipp Eine Anästhesistin ist während einer Operation für die Narkose verantwortlich. 1 5 10 15 20 DaZ 28v7ji 40 Entscheidende Augenblicke Nur zu Prüfzwecken – Eigentu des Verlags öbv
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