Starke Seiten Deutsch 3, Schulbuch, aktualisierte Ausgabe

wo er malen konnte. Nach monatelanger Suche nach einer Wohnung mit geeignetem Licht, die er sich mit seiner bescheidenen Rente leisten konnte, hatte er diese hier gefunden. Es war für ihn das Paradies. Er hatte gerade die Leinwand aufgespannt und einen Pinsel zur Hand genommen, da flog die Tür auf. Mr. Shafer erschien. „Was zur Hölle geht hier vor? Was stinkt hier so?“ Selbst Allens schlechtes Gehör registrierte das hässliche Schimpfen von Mr. Shafer. „Schaffen Sie diesen Dreck hier raus! Das ist eine Wohnung und keine Werkstatt. Ich verbiete es Ihnen. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich das nicht dulde. Hier stinkt’s ja wie im Schweinestall. Es schaut aus wie auf einer Müllkippe! Schaffen Sie sofort diesen verdammten Abfall hier raus.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er das Zimmer wieder. Allen war der Pinsel entfallen. Seine Hände zitterten, seine Kehle war trocken. Er rannte hinter Shafer her. „Das können Sie mir doch nicht antun, Mr. Shafer. Ich habe mein ganzes Leben darauf gewartet, malen zu können. Die ganze Stadt habe ich nach einem Raum mit gutem Licht abgesucht. Sie können mich doch nicht zwingen, das alles aufzugeben. Ich will nicht ausziehen!“ Seine Stimme war ein einziges Kreischen. Shafer polterte die Treppe hinunter. Er schrie zu Allen zurück: „Das ist endgültig, ein für allemal. Sie und Ihr verdammter Dreck müssen hier raus!“ Allen rannte hinter ihm her. Er musste ihn umstimmen. Er musste diesen Mann überzeugen. Man durfte ihn nicht rauswerfen. Er stammelte und schrie: „Hören Sie mir zu, Mr. Shafer, Sie müssen mir zuhören!“ Mr. Shafer drehte sich um: „Schaffen Sie den Dreck raus oder ich werde …“ Er beendete seine Drohung nicht. Allens Gesichtsausdruck machte ihm Angst. Er rannte durch die Eingangshalle nach hinten und schlug Allen, der ihm nachlief, die Hintertür ins Gesicht. Dann stürmte er auf die steile Kellertreppe zu. Es war genau elf Uhr – der Zeitpunkt, den sich Mrs. Franklin und Mrs. Harrison als den sichersten ausgesucht hatten, um Mr. Shafer zu ermorden –, als er stolperte und sein Fuß die erste Stufe verfehlte. Shafer verlor das Gleichgewicht, taumelte und stürzte, sich dreimal überschlagend, die Kellertreppe hinunter. Lawrence Allen hörte nicht, wie Mr. Shafer fiel. Er war außer sich vor Zorn gewesen. Er hatte Shafer etwas antun wollen, aber als er die Tür ins Gesicht bekommen hatte, kam er wieder zur Vernunft. Mein Gott, dachte er, was wäre passiert, wenn Mr. Shafer nicht die Tür zugeschlagen hätte. Allen ging die Treppe hinauf in sein Zimmer, hob den Pinsel vom Boden auf, reinigte ihn und begann zu malen. Es beruhigte ihn, und es stimmte ihn wieder optimistisch. Auf irgendeine Weise würde er schon einen Weg finden, diese Wohnung zu behalten. 40 45 50 55 60 65 70 75 Tipp Leinwand ist ein Gewebe aus Leinen, auf dem gemalt wird. Tipp Terpentin, das zum Reinigen der Pinsel verwendet wird, riecht unangenehm . 11 Lesen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=