Die Epoche der Romantik (1795–1835) Aus der „lingua romana rustica“, der Sprache, in der die Schriften in den romanischen Ländern verfasst wurden (im Gegensatz zur „lingua latina“, also Latein, dem Ausdrucksmittel der Kirche sowie der Wissenschaft), entwickelte sich das Adjektiv „romantisch“, was vorerst „romanhaft“, also in der „Art eines Romans“, und erst später „poetisch“ (= die Dichtkunst betreffend), „stimmungsvoll“ sowie „fantastisch“ bedeutete. Daraus wurde dann vom Dichter Friedrich Schlegel (1772–1829) der Romantikbegriff abgeleitet, der wiederum später als Bezeichnung für die ganze Epoche dienen sollte. Wichtig war besonders die Abwendung von klassischen und/oder antiken Vorbildern. Die romantischen Schriftsteller/innen lehnten die Wirklichkeit des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts ab und sahen die Gesellschaft geprägt vom Gewinnstreben des beginnenden industriellen Zeitalters. Den Naturwissenschaften wurde vorgeworfen, sie würden alles mit dem Verstand erklären, alles auf seine Verwertbarkeit untersuchen und keine Geheimnisse mehr zulassen. Zentrales romantisches Symbol ist die „Blaue Blume“ nach einem Roman des romantischen Dichters Novalis, sie steht für das Streben nach der Unendlichkeit. Ein romantisches Paradebeispiel: Joseph von Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichts Diese romantische Novelle erzählt die Geschichte eines Müllersohnes, der von seinem Vater „Taugenichts“ genannt wird. Der epische Text enthält viele Lieder und Gedichte, die ihn bereichern. Eichendorff (1788– 1857) stellt in seiner Novelle zwei Arten von Existenzen gegenüber: das bürgerlich-sesshafte Leben versus das abenteuerlich-freie, romantische Künstlerdasein. Hier ist es der Taugenichts, der sich in die vermeintliche Tochter eines Grafen verliebt und diese nach einigen auch im Ausland bestandenen Abenteuern heiraten darf. Der Müllersohn erzählt in der Ich-Form aus seiner positiven, romantischen Einstellung heraus von schönen Erlebnissen, Freundschaft und Liebe. Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts (1826) 1. Kapitel Das Rad an meines Vaters Mühle brauste und rauschte schon wieder recht lustig, der Schnee tröpfelte emsig vom Dache, die Sperlinge zwitscherten und tummelten sich dazwischen; ich saß auf der Türschwelle und wischte mir den Schlaf aus den Augen; mir war so recht wohl in dem warmen Sonnenscheine. Da trat der Vater aus dem Hause; er hatte schon seit Tagesanbruch in der Mühle rumort und die Schlafmütze schief auf dem Kopfe, der sagte zu mir: „Du Taugenichts! Da sonnst du dich schon wieder und dehnst und reckst dir die Knochen müde und lässt mich alle Arbeit allein tun. Ich kann dich hier nicht länger füttern. Der Frühling ist vor der Tür, geh auch einmal hinaus in die Welt und erwirb dir selber dein Brot.“ – „Nun“, MERKENSWERT Romantik Die Romantik glaubte an die Macht des Ahnens, des Schauens und der Intuition, pries das Reich der Phantasie und des Traumes, bis hin zu den dunklen Bereichen der Seele. Die Romantikerinnen und Romantiker pflegten die abgeschlossene Welt des intakten Freundeskreises, sie verehrten und sammelten die einfache Kunst des Volkes, da sie am ursprünglichsten sei, und begeisterten sich besonders für die Schönheit und Wildheit der Natur. Der bürgerliche Alltag erschien den Romantikerinnen und Romantikern als grau, ohne Abwechslung, „prosaisch5“, beherrscht vom eintönigen bürgerlichen Berufsleben. Gegenüber der so gesehenen Wirklichkeit feierte die Romantik die mythische Welt der Religion und sah im Mittelalter die ideale Zeit der Geschichte, da damals die Menschen im christlichen Glauben geeint schienen. 5 in Prosa abgefasst 2 4 6 8 10 12 14 16 48 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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