2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 Satellitenaufnahmen von der Erde zeigen nachts ein strahlendes Lichtermeer. Wer jedoch von unten nach oben schaut, sieht oft: nichts. Fast die Hälfte der Deutschen unter 30 Jahren hat noch nie die Milchstraße gesehen. Die Sternenschau wird uns durch Straßenlaternen, Fassadenbeleuchtungen, strahlende Werbeschilder und vieles mehr vergällt. Lichtsmog wird zum Problem Ende des 19. Jahrhunderts zog die elektrische Beleuchtung in die Städte Europas ein. Ein Jahrhundert später kam die Ernüchterung: Die ersten Warnungen vor Lichtverschmutzung erklangen. Inzwischen leuchten unsere Städte zum Teil 4.000 Mal heller als das natürliche Nachtlicht. Dass die Nacht zum Tag wird, hat Folgen für Menschen, Tiere und sogar Pflanzen. Lichtverschmutzung schadet der Gesundheit des Menschen Zu viel Kunstlicht kann auf Dauer krankmachen, sagen Schlafforscher. Insbesondere das blaue, kalte Licht der LEDs von Leuchtreklamen und moderner Straßenbeleuchtung, aber auch von Fernsehern, Handys oder Laptops wirkt auf uns wie Tageslicht und hält uns wach. Denn nur in Dunkelheit produziert unser Körper das Schlafhormon Melatonin, das unseren Tag-Nacht-Rhythmus steuert – wie übrigens auch bei den Wirbeltieren. Licht bremst die Melatoninproduktion. Ohne Dunkelheit leben wir gegen unsere innere Uhr und schlafen zu wenig. Wir können uns nicht ausreichend erholen, unsere Zellen sich nicht genügend regenerieren. Zu viel Licht in der Nacht kann auf Dauer chronische Schlafstörungen auslösen. Lichtverschmutzung bringt die Natur aus dem Gleichgewicht Wie der Mensch leiden auch andere tagaktive Organismen unter den zu hellen Nächten, weil sie sich nicht mehr richtig regenerieren können. Die künstliche Beleuchtung stört ganze Ökosysteme. Nachtaktive Vögel und Insekten werden in ihrem Rhythmus oder bei der Orientierung gestört. Eine Milliarde Fluginsekten zum Beispiel werden […] in einer Sommernacht durch Straßenlaternen gestört und viele lassen ihr Leben. Das Licht irritiert die Tiere. Sie wissen nicht mehr, was sie tun sollen – sie fressen nicht mehr, paaren sich nicht mehr und bestäuben keine Blüten mehr. Sie kreisen desorientiert um die Laternen und verbrennen, wenn diese noch nicht auf LED umgestellt sind, gehen vor Erschöpfung zugrunde oder werden von Feinden gefressen. Die künstliche Beleuchtung ist damit ein Puzzlestein der komplexen Problematik von Vogel- und Insektensterben. Auch auf andere Tiere hat die Lichtverschmutzung teils verheerende Wirkung: • Wenn Tieren die Nacht geraubt wird: Straßenlaternen haben einen tödlichen „Staubsaugereffekt“: Motten umkreisen das Licht – und kommen von einer Straßenlaterne nicht mehr weg. Eigentlich ist es das Mondlicht, das die Nachtfalter anzieht, weil ihnen der Mond Orientierung gibt. Das Kunstlicht umkreisen die Falter buchstäblich bis zur Erschöpfung – bis zum Tod. Eine einzige Straßenlaterne kann auf diese Weise die gesamte Köcherfliegen-Population eines 200 Meter breiten Gewässerstreifens töten. • Großstadtlicht bringt das Paarungsverhalten von Singvögeln wie Amseln, Rotkehlchen, Blaumeisen, Kohlmeisen oder Buchfinken durcheinander: Wo Straßenlaternen in die Nester scheinen, beginnen die Männchen morgens um bis zu anderthalb Stunden eher mit ihrem Gesang. Je früher die Männchen mit dem Gesang beginnen, umso besser die Chancen, eine Partnerin zu finden. • Schlüpft eine Meeresschildkröte aus ihrem sorgfältig in den Sand gelegten Ei, rennt sie sofort los: zum hellsten Punkt. Denn der war früher immer das Meer. Heute sind es jedoch die hellerleuchteten Hotels und Strandpromenaden, die für die Schildkrötenbabies immer öfter zur Todesfalle werden. 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 Lichtverschmutzung: Lichtsmog stört die Dunkelheit der Nacht BR | 20.09.2021 Wenn Sie abends hochschauen, sehen Sie nur noch an wenigen Orten auf der Welt einen sternenübersäten Himmel. Lichtverschmutzung lässt die stockdunkle Nacht selten werden. Dieser Lichtsmog stört die Finsternis und ganze Ökosysteme – und macht auch uns Menschen krank. 43 Schriftliche Kompetenz Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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