sprachreif 3/4, Schülerbuch

Eine Erörterung verfassen A18 Lesen Sie die Reportage zur geschlechtsneutralen Erziehung. Definieren Sie danach in einer Vierergruppe, was unter geschlechtsneutraler Erziehung zu verstehen ist, und besprechen Sie, was Sie von dieser Erziehungsmethode halten. Finden Sie als Gruppe mindestens drei Argumente dafür und drei Argumente dagegen, die Sie gut begründen und belegen. SCHRITT 2 C 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 Wenn Fremde in der U-Bahn wissen wollen, ob ihr sechs Monate altes Kind ein Bub oder ein Mädchen ist, dann antworten die Eltern: „Wir wissen es noch nicht.“ Die Reaktionen seien dann irritiert, zum Teil sogar aggressiv, erzählen sie. „Dabei hat niemand das Recht, nach den Genitalien unseres Kindes zu fragen.“ Das Paar aus Wien (sie möchten lieber anonym bleiben) hat sich entschlossen, sein Kind geschlechtsneutral zu erziehen. Auch der Name – Alex – ist bewusst so gewählt, dass er keinen eindeutigen Hinweis auf das Geschlecht gibt. „Wir wollen nicht, dass unser Kind aufgrund des Geschlechts in Schubladen gesteckt wird.“ Sie glauben, dass sie mit ihrem Prinzip, ihr Kind tunlichst frei von gängigen Rollenmustern aufwachsen zu lassen, noch eine Ausnahme darstellen. Auch statistisch wird nicht erhoben, wie viele Familien in Österreich ihre Kinder tatsächlich geschlechtsneutral erziehen. Tiefsitzende Klischees Nach wie vor ist die Idee davon, was typisch Mädchen und was typisch Bub ist, tief in den Köpfen verankert – trotz aller Genderdebatten der vergangenen Jahrzehnte. Das belegen auch diverse Baby-X-Experimente, die seit den 1970er-Jahren immer wieder gemacht werden. Sie weisen nach, dass Erwachsene je nachdem, ob sie glauben, einen Bub oder ein Mädchen vor sich zu haben, beim Spielen unterschiedlich agieren. Für Aufsehen sorgte unlängst etwa der Trailer der BBC-Doku Girl toys versus boy toys, weil Erwachsene einem vermeintlichen Mädchen Puppen und Kuscheltiere zu spielen gaben und einem vermeintlichen Buben ein Auto. Entlarvend ist auch ein Blick in Bekleidungsabteilungen und Spielzeuggeschäfte für Kinder: Rosa, Pink und Lila ist für Mädchen, Blau für Buben. Das alles wirkt sich auf die Lebensläufe und Chancen der Kinder aus. Laut Untersuchungen googeln Eltern von Buben mehr als doppelt so häufig ,,Ist mein Kind ein Genie?“ als die Eltern von Mädchen. […] Gegen diese Stereotype wollen sich immer mehr Eltern ganz bewusst stellen und geschlechtsneutral erziehen. Später sollen die Kinder selbst die Wahl haben, wer und wie sie sein wollen. […] Hochgradig geschlechtsspezifisch Ein (vermeintlicher) Bub im rosa Kleid oder mit lackierten Fingernägeln kann in der Öffentlichkeit ungewollt für Aufsehen sorgen. Barbara Schober, Dekanin der Fakultät für Psychologie an der Uni Wien: „Wenn es ans Eingemachte geht, verhalten sich die Menschen oft wesentlich stereotyper, als ih34 36 38 40 42 44 46 48 50 Eltern: „Nicht nach den Genitalien unseres Kindes fragen“ Von Marietta Adenberger | 30.03.2019 Manche Eltern versuchen es mit Unisex-Namen, andere gehen noch weiter: Sie verraten das Geschlecht ihres Kindes nicht. Klappt das in einer Welt voller Stereotype? Buben toben, Mädchen spielen brav. Solche Rollenmuster sind nach wie vor gang und gäbe. Dabei gibt es in der Realität so viel Spielraum dazwischen. […] 216 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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