sprachreif 3/4, Schülerbuch

p2 p2 bbbbbb bbbbbb 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 Mittwoch dieser Woche ist Rush Limbaugh an Lungenkrebs gestorben. Mit ihm nun geht der erzkonservativen Radio-Szene einer ihrer Gründerväter verloren. Er war ein Medienmensch, der so polarisierte wie kaum ein anderer. […] Ohne Limbaugh gäbe es nicht die Art von Talkshow-Radio, wie sie heute in den USA üblich ist, streute ihm Sean Hannity, ebenfalls ein konservativer TalkShow-Host und Moderator von Fox News, Rosen. Ja nicht einmal nur das: Ohne Limbaugh gäbe es auch den konservativen TV-Sender Fox News nicht, oder andere Medien, die vor allem Meinungselemente transportieren. Limbaugh dominierte jahrzehntelang − bis zu dieser Woche − die konservativen Radionetzwerke. „The Rush Limbaugh Show“ war eine der am häufigsten gehörten Programme in den USA und wurde von 600 nationalen Radiostationen gesendet. Seine Goldgrube: Er machte das „Shock Radio“, früher Bastion von Comedians, zu einem politischen Format. Unter „Shock Radio“ werden Radioinhalte subsumiert2, die gezielt Grenzen überschreiten, beleidigen und eben schockieren – aber natürlich nicht alle Zuhörer, sondern nur bestimmte Bevölkerungsgruppen. Durch dieses Aufsplitten „Wir gegen sie“ wird eine wachsende Identifikation mit der eigenen Gruppe gefördert. Im Fall von Limbaugh, einem der wichtigsten Wasserträger von Donald Trump, wurde es immer mehr ein Mittel, um Hass zu schüren. Menschen, die sich für die Obdachlosen starkmachten, hießen bei Limbaugh „Mitleidsfaschisten“, jene, die das Recht auf Schwangerschaftsabbruch verteidigten, „Feminazis“, Umweltschützer waren „Spinner, die Bäume umarmen“. Globale Erderwärmung gäbe es nicht […]. 2012 wurde eine Jus-Studentin, die sich dafür starkgemacht hatte, dass die Gesundheitsversicherung auch Verhütungsmittel für Frauen abdecken solle, von Limbaugh als „Schlampe“ und „Prostituierte“ bezeichnet. Er forderte sie auf, ihre angeblichen Porno-Videos online öffentlich zu machen, damit „wir alle was davon haben, wenn wir schon dafür zahlen“. 2020 noch hatte Limbaugh immer und immer wieder Wahlbetrug getrommelt und erklärte am Tag der Amtseinführung von Joe Biden 2021, dass der Demokrat nicht auf legitime Art gewonnen habe. Für manche war Limbaugh eine Ikone. In seinem Fahrwasser segeln neben Hannity noch viele weitere konservative Meinungsmacher in den Medien.[…] In Europa wäre es dagegen undenkbar, dass Moderatoren derart ungestraft Beleidigungen senden und mehrfach widerlegte Lügen als Fakten präsentieren dürfen. Aber in den USA wird die Redefreiheit als ein fundamental anderes Recht wahrgenommen als in Europa. Der Jurist Noah Feldman, Professor in Harvard, sieht den „grundlegenden philosophischen Unterschied im Recht des Individuums auf Selbstdarstellung“, wie er im Nachrichtendienst Bloomberg schreibt. „Amerikaner schätzen dieses klassisch liberale Recht sehr hoch ein − so hoch, dass wir auch Äußerungen tolerieren, die anderen Menschen das Gefühl geben, weniger wert zu sein.“ Europäer wiederum schätzen dagegen das demokratische Kollektiv und wollen, dass alle Bürger darin partizipieren können − und so wird in Europa das Recht des Individuums dort beschnitten, wo das Recht des anderen anfängt. Anders formuliert: „Das Recht des Einzelnen gewinnt in den USA, der Gleichheitsgrundsatz und die Rechte einer Gruppe gewinnen in Europa.“ Ein Ausfluss dieses Unterschieds ist etwa, wenn Facebook, Twitter und Google in Europa von Gerichten gezwungen werden, gegen Hasspostings auf ihren Seiten vorzugehen. In den USA steht die Zensur von Hassreden nicht zur Debatte. „In der Tradition der US-Verfassung 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 Das Recht des Einzelnen − Rush Limbaugh und die Meinungsfreiheit der USA Von Konstanze Walther | 18. 02. 2021/08. 03. 2021 Der verstorbene Radio-Host nutzte das US-Verständnis der Redefreiheit für die Errichtung seines Imperiums. 18 1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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