sollten nicht hier sein, das ist kein Spiel. Raoul h lt die Frau an ihrem rechten Oberarm, ich halte sie an ihrem Linken. Wir sprechen zu ihr in je ein Ohr. „Wir holen ihn herauf, nicht wahr, Raoul? Wir bringen ihn zur ck. Er wird feucht sein, aber ganz. Bestimmt ist er noch ganz.“ „Gerettet“, sagt Raoul. „Gerettet.“ „Es reicht“, sage ich zu ihm, ber den Kopf der alten Frau hinweg. Gundula Jesovsky l sst sich von uns zur ck ins Wohnzimmer f hren. Ich z hle mit, es sind zw lf kleine Schritte. „Wir k nnen nichts daf r“, sagt Raoul, als wir aus der Wohnung hasten. „Wir k nnen wirklich nichts daf r.“ Wir steigen in den Lift. Ich dr cke den „T ren schließen“-Knopf und frage Raoul, in welchem Stock der blinde Mann denn nun wohnt. Im zw lften? Oder hat sie gesagt: dreizehn? „Keine Ahnung“, sagt Raoul. Wir stehen eine Weile da, ohne uns zu r hren. „Und jetzt?“ „Was, und jetzt?“ „Das Kreuz“, sage ich. „Das ist ja wohl klar. Wir finden es und tragen es zur ck.“ Raoul lehnt sich an die polierte Aufzugwand und schließt f r einen Moment die Augen. Er sieht beinahe unschuldig aus. Dann beugt er sich nach vorn und dr ckt auf „E“. Der Aufzug setzt sich ruckelnd in Bewegung. Ich beobachte den Countdown der Stockwerke auf dem Display. Wahrscheinlich sucht man sich das ganze Leben lang seine Strafen selbst aus, denke ich. Freiwillig. Und wenn du es merkst, ist es zu sp t. Wenn du anf ngst, dich zu wehren, ist es immer schon zu sp t. QUELLE: http://fm4v3.orf.at/stories/1688258/; (abgerufen am 18.02.2022) AUF DEM WEG ZUR MATURA Thema: Textinterpretation Die letzten Tage der Menschheit A2 Lesen Sie die ersten beiden Szenen des Dramas Die letzten Tage der Menschheit (1914−1922) von Karl Kraus (1874−1936). Schreiben Sie nun die Textinterpretation und bearbeiten Sie dabei folgende Arbeitsaufträge: • Fassen Sie die Textgrundlage zusammen. • Erschließen Sie sprachliche und erzählerische Mittel, die für eine Interpretation wichtig sind. • Deuten Sie die Anmerkungen auf die vorherrschenden Umstände zur Zeit des Ersten Weltkrieges bzw. auf den Untergang der Donaumonarchie. Schreiben Sie zwischen 540 und 660 Wörter. Markieren Sie Absätze mittels Leerzeilen. INFOBOX: KARL KRAUS: DIE LETZTEN TAGE DER MENSCHHEIT In diesem monumentalen Werk, welches der Journalist, Autor und (satirische) Medienkritiker von 1914 bis 1922 als Antwort auf den Ersten Weltkrieg verfasste, wird die Absurdität dieses Krieges in 220 lose aneinandergereihten Szenen dargestellt. Bemerkenswert ist, dass Kraus, wie so oft, die Schrecken des Krieges bereits zu dessen Beginn vorausgesehen hatte. Er war auch einer der Ersten, der bereits vor 1900 vor Antisemitismus warnte. 262 264 266 268 270 272 274 276 278 280 282 284 286 288 290 292 294 296 153 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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