sprachreif 3/4, Schülerbuch

Eine Textinterpretation schreiben Den textsortenspezifischen Schwerpunkt in diesem Kapitel bildet ebenso wie im vorangegangenen (siehe S. 102 bis 107) die Textinterpretation von literarischen, also lyrischen, epischen und dramatischen Texten. Eine Textinterpretation ist eine schriftliche Ausarbeitung der Interpretation eines Textes, welche auf der Untersuchung (auffälliger) Textmerkmale basiert. A11 Lesen Sie den Beginn der Novelle Fräulein Else von Arthur Schnitzler, einen inneren Monolog. Unterstreichen Sie während des Lesens hervorstechende Elemente dieser Textsorte. Die junge Wienerin Else, die sich auf Sommerfrische in Südtirol befindet, soll einen dort anwesenden Freund ihres Vaters um ein Darlehen bitten, da ihre Familie sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet. Dorsday, der ein reicher Kunsthändler ist, willigt ein – aber nur, wenn er als Gegenleistung Else nackt sehen darf. Der vermeintliche „Freund der Familie“ bringt Else nun in ein scheinbar unlösbares Dilemma zwischen weiblicher Selbstbestimmung und Loyalität ihrer Familie gegenüber. Arthur Schnitzler: Fräulein Else (1924) […] „Wenn Sie wirklich einmal eine Million brauchen sollten, Else, – ich bin zwar kein reicher Mann, dann wollen wir sehen. Aber f r diesmal will ich gen gsam sein, wie Sie. Und f r diesmal will ich nichts anderes, Else, als – Sie sehen.“ – Ist er verrückt? Er sieht mich doch. – Ah, so meint er das, so! Warum schlage ich ihm nicht ins Gesicht, dem Schuften! Bin ich rot geworden oder blass? Nackt willst du mich sehen? Das möchte mancher. Ich bin schön, wenn ich nackt bin. Warum schlage ich ihm nicht ins Gesicht? Riesengroß ist sein Gesicht. Warum so nah, du Schuft? Ich will deinen Atem nicht auf meinen Wangen. Warum lasse ich ihn nicht einfach stehen? Bannt mich sein Blick? Wir schauen uns ins Auge wie Todfeinde. Ich möchte ihm Schuft sagen, aber ich kann nicht. Oder will ich nicht? – „Sie TIPP: DER INNERE MONOLOG Diese Erzähltechnik eignet sich zum Vermitteln von Gefühlen und Gedanken einer Figur. Durch Halbsätze, unvollständige Sätze, Wiederholungen, Ellipsen, Gefühlsbeschreibungen können wir als Leserinnen und Leser uns in die Figur hineinversetzen und leben mit ihr im Geschehen mit, sind ihr also ganz nahe. Weitere innere Monologe: Leutnant Gustl (Arthur Schnitzler, 1900), Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (Marcel Proust, 1913– 1927), Ulysses (James Joyce, 1922), Berlin Alexanderplatz (Alfred Döblin, 1924) oder auch bei Virginia Woolf. WISSENSWERT Ihre Textinterpretation weist folgenden Aufbau auf: Einleitung: Nennen Sie die Textform, den Titel und die Autorin bzw. den Autor des zu interpretierenden Textes. Geben Sie in wenigen Sätzen den Inhalt des Textes oder des Textauszuges wieder. Hauptteil: Beschreiben Sie die Struktur des Textes (Verse, Kapitel …) und die verwendete Sprache (Prosa, Reim …). Gehen Sie auf die verwendete Erzählperspektive, Erzählform und deren Wirkung ein. Analysieren Sie, welche Stilmittel verwendet werden und wie der Text verstanden/interpretiert werden kann. Vergleichen Sie die einzelnen Ausgangstexte. Nehmen Sie Bezug darauf, wie die Themen/Leitmotive angesprochen werden. Schluss: Nehmen Sie Bezug auf die Bedeutung des Textes heute und argumentieren Sie Ihre eigene Meinung zum Text. 2 4 6 8 10 12 14 16 132 5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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