Die Hermeneutik – Texte analysieren Um Texte in ihrer Gesamtheit verstehen und erfassen zu können, muss man sie auf verschiedenen Ebenen betrachten. Zum einen spielt die Funktion des Textes eine Rolle, zum anderen geht es um die Einflüsse, denen die Autorin oder der Autor unterliegt, außerdem den Bezug zur Gegenwart und die Eindeutigkeit des Textes. Daher ist es bei einer genauen Analyse eines Textes kaum ausreichend, ihn einmal zu überfliegen, sondern Sie sollten sich mehrmals mit ihm beschäftigen und dabei verschiedene Aspekte betrachten. Dazu gehört auch, den geschichtlichen Hintergrund eines Textes zu recherchieren und politische ebenso wie soziale Einflüsse auf Werk und Autor/in zu untersuchen. Eine Methode der Textanalyse ist die sogenannte Hermeneutik. A16 Lesen Sie den folgenden Text und versuchen Sie im Anschluss, den Begriff „Hermeneutik“ in eigenen Worten zu erklären. Markieren Sie beim Lesen die Textteile, die Ihnen konkrete Informationen zur Hermeneutik liefern. A17 Diskutieren Sie mit Ihrer Partnerin bzw. Ihrem Partner folgende Fragen in Bezug auf den Artikel zur Hermeneutik. • Welche Funktionen erfüllt dieser Text? • Welche Intention vermuten Sie bei der Verfasserin oder dem Verfasser? • Wie informativ ist der Text? B 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Was ist eigentlich Hermeneutik? Wie schwer ist es doch, zu verstehen … Die Gesetze der Welt, was ein Elfmeter ist, warum das Konto schon wieder überzogen und die Banane krumm ist. „Du verstehst mich einfach nicht!“ − das hat mancher schon mal von seinem Partner gehört und damit ist nicht die schlechte Handyverbindung gemeint. Verstehen ist eine Kunst! Und eine Wissenschaft für sich. Damit sich das auch so anhört, dachten sich die Gelehrten einen schicken Namen aus: Hermeneutik. Der Name leitet sich von einem ganz besonders flinken Griechen ab: Hermes. Im Gegensatz zu heute hat der aber keine Pakete ausgeliefert, sondern göttliche Nachrichten überbracht. Und weil die Götter immer nur unverständliches Fachchinesisch – oder besser Fachgriechisch – von sich gaben, war es nicht nur Hermes‘ Aufgabe, diese Botschaften zu überbringen, sondern sie auch zu deuten. In der Philosophie bedeutet die Hermeneutik das Verstehen von Sinnzusammenhängen in menschlichen Lebensäußerungen aller Art. Sie hilft, die Fehler der Kommunikation aufzuzeigen und wenn möglich zu umschiffen. Denn wir meinen ja nicht immer, was wir sagen! Diese psychologische Ebene wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Deutschen Wilhelm Dilthey noch verfeinert. Für besonders wichtig hielt er die Situationen und Einflüsse, die unseren Verfasser geprägt haben. Denn es ist ein Unterschied, ob ein Tourist, der auf der Suche nach der nächsten Frittenbude ist, sagt: „Ich bin am Verhungern“ oder ein afrikanisches Kind aus der Sahel Zone! Allerdings kann das dazu führen, dass wir plötzlich glauben, den Autor besser verstehen zu können, als er sich selbst ... Und das führt bei Gadamer − Nein, das ist kein holländischer Stinkekäse, sondern Hans-Georg − dazu, dass er die Lehre quasi umdrehte. Hermeneutik ist für Gadamer mehr Geschehen als Verstehen. Sie ist die besondere Art und Weise, in der Überlieferungen, Traditionen und Werte erhalten und weiterentwickelt werden. Durch das Lesen und Auslegen von überlieferten Texten, vor allem auch durch ihre Neuinterpretation, können wir wertvolle Erkenntnisse für die Gegenwart gewinnen. Damit hört der Prozess des Verstehens nie auf. Wir schon! Und zwar jetzt. QUELLE: http://www.3sat.de/page/?source=/philosophie/159973/index.html; (abgerufen am 27.06.2017) 22 24 26 28 30 32 34 36 38 101 Textkompetenz Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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