Literaturtheorie und Literaturgeschichte in ersten Schritten Sie haben sich in den vergangenen Monaten viel mit Literatur und ihrer Betrachtung und Analyse auseinandergesetzt. Zusätzlich ist es aber auch wichtig, sich im Umgang mit Texten zur Literaturtheorie vertraut zu machen. Diese Texte benötigen Sie unter anderem, wenn Sie Referate halten oder (vor)wissenschaftliche Arbeiten schreiben, da sie oft zusätzliche Informationen zu literarischen Texten liefern. In der Zeit des Humanismus war die Literaturtheorie von besonderer Bedeutung, weshalb Sie sich in diesem Kapitel auch mit solchen Texten beschäftigen werden. Viele literaturtheoretische Texte beschäftigen sich mit dem Aufbau von literarischen Werken, typischen Merkmalen oder Analysemöglichkeiten. Sie sind nicht immer einfach zu verstehen, enthalten aber oft wichtige Informationen und Denkansätze. Wenn Sie lernen, mit solchen Texten gut umzugehen, verschafft Ihnen das einen großen Vorteil, da Sie im Laufe Ihres Lebens sicher mit vielen Sachtexten zu tun haben werden. Der folgende Auszug aus dem Werk Einladung zur Literaturwissenschaft behandelt die Thematik der Hermeneutik, welche in der Literaturwissenschaft als Lehre zur Auslegung eines schriftlichen Werkes verstanden wird. A12 Lesen Sie die Ausführungen Jürgen Vogts zum Thema Hermeneutik. Unterstreichen Sie wichtige Informationen und stellen Sie Fragen an den Text, welche Sie sich in Ihrem Heft oder Ihrer Mappe notieren. Einiges zum Begriff und zur Geschichte der Hermeneutik Hermeneutik kommt von hermeneutica, einer lateinischen Neuprägung aus dem 17. Jahrhundert, die ihrerseits auf das griechische Verb hermeneuein zurückgeht, was so viel bedeutet, wie „aussagen, verkünden, dolmetschen, erklären, auslegen“. […] Heute werden die Begriffe „Hermeneutik“ und „hermeneutisch“ vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften verwendet, und zwar auf drei Ebenen. Erstens: Hermeneutik heißt zunächst der lebenspraktische, weithin automatisierte Vollzug des Verstehens von sprachlichen Äußerungen und anderen sinntragenden Strukturen (z. B.: Bildwerke, Gesten, Träume, Handlungen, soziale Situationen). Ohne solch hermeneutisches Verhalten, das Verstehen und Deuten von Zeichen und Zeichenkomplexen, könnten wir weder Kunstwerke aufnehmen noch unseren Alltag bewältigen. Oder etwas großspuriger gesagt, wie es der Philosoph Friedrich Nietzsche liebte: „Es gibt keine Tatsachen, es gibt nur Interpretationen.“ – Da hat sich der verdächtige Begriff also wieder eingeschlichen: Von Interpretation (lat. interpretari, auslegen, deuten) sprechen wir, wenn das alltäglich erlernte und geübte Verstehen methodisch kontrolliert und sprachlich explizit dargestellt wird. Das geschieht, wie wir wissen, oft im Rahmen von bestimmten Institutionen und führt dann zur Textsorte Interpretation […]. Zweitens: Hermeneutiken nennt man die Regelwerke und Anleitungen, die aus der hermeneutischen Praxis entstanden sind und sich auf wichtige gesellschaftliche Praxisfelder beziehen. […] Juristische Hermeneutiken sind etwa die vielen Gesetzes-Kommentare, mit deren Hilfe in unserem Justizsystem MERKENSWERT Sekundärliteratur Texte, die zusätzliche Informationen über einen literarischen Text liefern, nennt man Sekundärliteratur. Dazu gehören z. B. Informationen über die Autorin oder den Autor, die literarische Epoche, aus der der Text entstammt, Vergleiche mit anderen Werken oder mögliche Interpretationsansätze. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 66 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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