„dâ mit ich solde ertwingen di vil wætlichen meit1“: Siegfrieds hohe Minne Das bereits erwähnte Nibelungenlied ist ein mittelalterliches Heldenepos, das zu Beginn des 13. Jahrhunderts auf Mittelhochdeutsch von einer oder mehreren Personen niedergeschrieben wurde, der Stoff der Nibelungensage ist aber bedeutend älter. Es ist in singbaren vierzeiligen Strophen, den sog. Nibelungenstrophen, verfasst. Siegfried von Xanten, der Held des ersten Teils, wirbt um seine zukünftige Frau Kriemhild und bringt mit dieser Hohen Minne seine Liebe als Ritter fur die edle Frau zum Ausdruck. Dieses Geschenk seiner Liebe nannte man „Minne-“ oder „Frauendienst“. 1 „Ich habe nicht vor, das wunderschöne Mädchen mit Gewalt zu erobern.“ 3. Aventiure (3. Abenteuer) […] Er horte eines Tages, im Burgundenland lebe ein Madchen von vollkommener Schonheit, um ihretwillen sollte er spater viel Freude, aber auch Muhsal erleben. Ihre unbeschreibliche Schonheit war weit und breit bekannt, und ebenfalls erkannten viele Helden die feine hofische Bildung der jungen Dame. Das lockte zahlreiche Fremde in Gunthers Land. Aber welche Ritter man um ihre Liebe auch werben sah, Kriemhild außerte nie die Absicht, einen von ihnen als Geliebten zu erwahlen. Noch sehr fern war ihr derjenige, dem sie spater gehoren sollte. Da dachte Sieglindes Sohn an die hohe Minne. Im Vergleich mit ihm war das Werben aller anderen nichts. Denn er konnte sehr wohl die Aufmerksamkeit schoner Damen wecken. Spater wurde die edle Kriemhild die Frau des kuhnen Siegfried. Da Siegfried sich offenbar fest zu binden hoffte, rieten ihm die Verwandten und viele Gefolgsleute zu einer standesgemaßen Heirat. Da antwortete der kuhne Siegfried: „So will ich Kriemhild, die schone junge Frau aus demBurgundenland, zur Frau nehmen, wegen ihrer unermesslichen Schonheit. Ich weiß sehr wohl: Auch jedem noch so machtigen Kaiser wurde es gut anstehen, wenn er eine Frau haben wollte, um die Zuneigung der machtigen Konigin zu werben.“ QUELLE: Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Stuttgart: Phillipp Reclam Jun. Verlag, 2018, S. 25. A28 Beschreiben Sie das Frauenbild in der zitierten Textstelle. Was fällt Ihnen auf? Besprechen Sie dies im Plenum. A29 Recherchieren Sie in Ihrer Schulbibliothek oder online, ob Siegfried und Kriemhild, die bis zu dessen Ankunft in Worms noch jeden Werber abgewiesen hat, einander lieben können bzw. dürfen oder nicht und wie es mit den beiden im Laufe des 1. sowie des 2. Teils des Nibelungenliedes weitergeht. A30 Bei A9 auf S. 12 haben Sie bereits Brünhild kennengelernt. Erinnern Sie sich nun an die Regeln für gelungene Streitgespräche und verfassen Sie dann gemeinsam mit Ihrer Partnerin bzw. Ihrem Partner ein ebensolches zwischen den beiden Damen. Welche anderen Themen kommen vor? Tragen Sie im Plenum vor. C Ó C 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 INFOBOX: DER STREIT ZWISCHEN KRIEMHILD UND BRÜNHILD Die beiden mittelalterlichen Damen streiten, nachdem Brünhild Kriemhilds Bruder Gunther geheiratet hat, tatsächlich, wer denn den besseren Ehemann habe. Auch erfährt Brünhild, dass ihr Mann Gunther sie nur aufgrund einer List zuerst im Wettkampf und danach im Bett (beides mithilfe des durch eine magische Tarnkappe unsichtbaren Siegfrieds) bezwingen konnte. 23 Literarische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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