sprachreif - Deutsch Oberstufe, Schülerbuch

Filmrezensionen kennenlernen und analysieren Eine Filmrezension ist eine kritische Betrachtung eines Films, in welcher die Autorin oder der Autor ihre bzw. seine Ansichten zu dessen Inhalt, Gestaltung, Hauptfiguren oder Qualität mitteilt. Eine Rezension enthält üblicherweise eine Empfehlung, ob der Film sehenswert ist oder nicht. A40 Auf der Seite 19 haben Sie bereits einen Auszug aus Glattauers Roman Gut gegen Nordwind gelesen. Lesen Sie nun die folgende Rezension über die gleichnamige Romanverfilmung. Diskutieren Sie im Anschluss, ob die Erwartungen, die Sie nach der Lektüre des Textausschnittes an den Inhalt des Werkes hatten, durch die neuen Informationen in der Rezension bestätigt wurden. B 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 Online verlieben, ohne den anderen jemals im ech- ten Leben getroffen zu haben. Heute, im Zeitalter der Partnersuche via Tinder & Co ist dieses Szena- rio nichts Besonderes mehr. Vor 13 Jahren, im Jahr als Daniel Glattauer seinen modernen Briefroman „Gut gegen Nordwind“ veröffentlichte, hatte der Gedanke noch einen Hauch von Exotik. Das Buch war ein fulminanter Erfolg. Nicht wegen der origi- nellen Idee des Flirtens und Verliebens via E-Mail. Es war vielmehr der Reiz des geschriebenenWortes. Die zunächst spitzfindigen, dann sensiblen Texte, die sich Emmi und Leo gegenseitig schreiben, zie- hen den Leser in den Bann der Liebesgeschichte. „Gut gegen Nordwind“, der gleichnamige Film mit Nora Tschirner als Emmi Rothner und Alexander Fehling als Leo Leike, hatte daher von Anfang an ein gigantisches Dilemma aufzulösen. Denn es drängt sich schon die Frage auf: Wozu einen Er- folgsroman verfilmen, der ganz wesentlich vom Charme der Schriftform lebt? Hat die Welt darauf wirklich gewartet? Hat sie nicht. So viel kann man auch sagen, ohne den Film gesehen zu haben. Aber ein Bestseller ist eine gute Marketinggrundlage und außerdem heißt das ja noch lange nicht, dass aus der Grundidee des Buches nicht trotzdem ein bewegender Liebesfilm werden kann. Mit guten Ideen und den richtigen Adaptionen da und dort. Leider ist genau das nicht passiert! Keine zündenden Ideen Regisseurin Vanessa Jopp inszeniert einen langat- migen und mit zwei Stunden viel zu langen Film, in dem Liebe eben nicht das dominierende Gefühl ist. Vielmehr wird der Film über weite Strecken von der Einsamkeit der beiden Hauptfiguren bestimmt. Wir starten mit einer langatmigen Einführung in das Liebesleben des Linguisten Leo Leike, die uns wohl seine „Angst vor echter Nähe“ nahe bringen soll. Der Mann hat Liebeskummer. Die E-Mails der noch unbekannten Emma Rothner trudeln nebenbei ein. Später springen wir dann auch ins Leben von Emmi, wie sie von Leo umbenannt wird. Aber auch in ihrer Beziehung dominiert der Alltagsfrust. Schon klar, dass dieses Szenario als Kontrast für die aufkeimen- de Verliebtheit der Protagonisten dienen soll. Nur leider ist von dieser Verliebtheit nicht viel zu spü- ren. Diese Emotion bleibt auf der Strecke, stattdes- sen dominiert der Alltagsfrust. Erst ganz am Schluss gewinnt der Film ein wenig an Schwung. Doch das Feuerwerk der Gefühle kommt zu spät. Viel zu spät. 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 „Gut gegen Nordwind“: Vom Charme des Buches ist nichts zu spüren Von Erwin Schotzger | 06.09.2019 Nora Tschirner und Alexander Fehling entzünden das Feuerwerk der Gefühle viel zu spät. 90 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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