sprachreif - Deutsch Oberstufe, Schülerbuch

Friedrich Schiller: Kabale und Liebe Lady in einem freien, aber reizenden Negligé, die Haare noch unfrisiert, sitzt vor dem Flügel und fan- tasiert; Sophie, die Kammerjungfer, kommt von dem Fenster. SOPHIE. Die Offiziers gehen auseinander. Die Wachparade ist aus – aber ich sehe noch keinen Walter. LADY sehr unruhig, indem sie aufsteht und einen Gang durch den Saal macht . Ich weiß nicht, wie ich mich heute finde, Sophie – Ich bin noch nie so ge- wesen – Also du sahst ihn gar nicht? – Freilich wohl – Es wird ihm nicht eilen – Wie ein Verbrechen liegt es auf meiner Brust – Geh, Sophie – Man soll mir den wildesten Renner herausführen, der im Marstall ist. Ich muss ins Freie – Menschen sehen und blauen Himmel, und mich leichter reiten ums Herz herum. SOPHIE. Wenn Sie sich unpässlich fühlen, Mylady – berufen Sie Assemblee hier zusammen. Lassen Sie den Herzog hier Tafel halten oder die l’Hombre- tische vor Ihren Sofa setzen. Mir sollte der Fürst und sein ganzer Hof zu Gebote stehn, und eine Grille im Kopfe surren? LADY wirft sich in den Sofa . Ich bitte, verschone mich. Ich gebe dir einen Demant für jede Stunde, wo ich sie mir vom Hals schaffen kann. Soll ich meine Zimmer mit diesem Volk tapezieren? – Das sind schlechte, erbärmliche Menschen, die sich ent- setzen, wenn mir ein warmes, herzliches Wort ent- wischt, Mund und Nasen aufreißen, als sähen sie einen Geist – Sklaven eines einzigen Marionetten- drahts, den ich leichter als mein Filet regiere. – Was fang ich mit Leuten an, deren Seelen so gleich als ihre Sackuhren gehen? Kann ich eine Freude dran finden, sie was zu fragen, wenn ich voraus weiß, was sie mir antworten werden? Oder Worte mit ih- nen wechseln, wenn sie das Herz nicht haben, and- rer Meinung als ich zu sein? – Weg mit ihnen! Es ist verdrüsslich, ein Ross zu reiten, das nicht auch in den Zügel beißt. QUELLE: Schiller, Friedrich. Kabale und Liebe. Ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen. – In: Ders.: Sämtliche Werke. Auf Grund der Originaldrucke hrsg. V. Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert in V. m. Herbert Stubenrauch. Band 1 – 5- 3. Aufl.. München: Hanser 1962. Dramatik Die Dramatik (griech. δρᾶμα ) umfasst Texte, die geschrieben wurden, um auf einer Bühne dargestellt zu werden. Der griechische Begriff bedeutet „Handlung“ – so gehören zur Sprache auch die mimische und gestische Darstellung, die oft durch Regieanweisungen vorgegeben ist. Die Texte sind an ihrem dialogischen Aufbau erkennbar: Verschie­ dene Charaktere tragen die Handlung und treiben diese voran. Der Ausdruck „Drama“ ist ein Überbegriff für die verschiedenen Ausformungen und gibt noch keinen Hinweis darauf, ob es sich um ein heiterlustiges ( Komödie ), ein ausweglos trauriges ( Tragödie ) oder ein ernstes ( Schauspiel ) Bühnenstück handelt. Weiters unterscheidet man die verschiedenen Texte nach der Wahl des Stoffes (z. B. historisches Drama, bürgerliches Trauerspiel, geistliches Drama, …) oder nach der Wahl der verwendeten Mittel (z. B: Drehbuch, Operette, Puppenspiel, …). Ebenfalls zu dieser Gattung gehören Filmdrehbücher, die eben nicht für die Bühne, sondern für die Kamera geschrieben werden. A38 Führen Sie gemeinsam mit Ihrer Partnerin bzw. Ihrem Partner ein kurzes Brainstorming durch, bei welchem Sie Dramentitel finden sollen, die sich in die Kategorien Komödie, Tragödie und Schauspiel einordnen lassen. Nehmen Sie dazu Werke aus Ihrer Schulbibliothek zu Hilfe. A39 Lesen Sie den folgenden Ausschnitt, identifizieren Sie die Elemente eines dramatischen Textes. B 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 A40 Definieren Sie mit Hilfe eines Literaturlexikons die Begriffe „Akt“, „Tragödie“, „Komödie“. Lesen Sie die Merkenswert-Erklärungen zu den „drei Einheiten“ (Handlung, Ort, Zeit) eines klassischen Dramas auf S. 120 im Kapitel 4 nach. 28 1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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