sprachreif - Deutsch Oberstufe, Schülerbuch

Das retardierende Moment Das retardierende Moment (retarder frz. = verzögern) ist jenes Ereignis in der klassischen Tragödie, das das (tragische) Ende hinauszögert ; es besteht kurz die Hoffnung, dass sich die Handlung doch noch zu einem glücklichen Ende hin entwickelt. Das Streitgespräch zwischen Kreon und Haimon Kreon Haimon •• beharrt auf seinem Gesetz •• ist unbeeindruckt •• will nicht jene ehren, die die Ordnung stören •• die Stadt ist Eigentum des Herrschers •• Vorwurf: Haimon sei Sklave einer Frau •• Befehl: Antigone soll eingemauert werden •• will das Wohlwollen des Vaters erlangen •• berichtet vom Mitleid des Volkes für Antigone •• will erreichen, dass Kreon seine Meinung ändert •• die Stadt sei nicht Kreons Eigentum •• Vorwurf: Kreon verletze das Recht der Götter •• Drohung: sterbe Antigone, sterbe auch Haimon A29 „Übersetzen“ Sie das Streitgespräch zwischen Haimon und Kreon in Standardsprache und führen Sie dann die Szene vor. Lesen Sie dazu die erste Szene des dritten Aktes online. Antigones Totenklage (griech. „kommos“) ist ein Dialog zwischen der Verurteilten und dem Chor. Daraufhin erscheint Kreon und treibt die Wächter an, die Hinrichtung schneller durchzuführen. A30 Teilen Sie Ihre Klasse in zwei Gruppen: Anhängerinnen/Anhänger des Kreon und Anhängerinnen/ Anhänger der Antigone. Entwerfen Sie Plakate und Flugblätter, auf denen Sie für Ihre Seite Partei ergreifen. Teiresias, der blinde Seher, berichtet Kreon, dass die Götter die Opfer und Gebete nicht mehr annähmen, weil Leichenteile von Polyneikes die Altäre beschmutzten. Diese seien von Vögeln und Hunden dorthin geschleppt worden. Auf die Aufforderung, Polyneikes begraben zu lassen, reagiert Kreon ungehalten, worauf Teiresias dem König voraussagt, bald zu sterben – ebenso wie ein Blutsverwandter, der sein Leben als Strafe der Götter lassen müsse. Da Kreon (gemeinsam mit dem Chor) zu dem Schluss kommt, dass Teiresias‘ Prophezeiungen Glauben geschenkt werden kann, ist er mit der Beerdigung einverstanden und will Antigone befreien. C Ó 54wm99 MERKENSWERT Der tragische Konflikt Die klassische Tragödie ist gekennzeichnet durch den tragischen Konflikt der Protagonistin/des Protagonisten (Heldin/Helden). Es entsteht eine Situation (aus eigener – tragischer – Schuld oder durch schicksalshafte Fügung), in der sich die Heldin/der Held zwischen zwei Extremen gefangen sieht und erkennt: Gleichgültig, welche Alternative gewählt wird, jede Entscheidung hat negative – tragische – Folgen . • • Antigone: Bestattung des Bruders und Tod oder Missachtung des Gesetzes der Götter und Verantwortung für die Seele des Bruders. • • Kreon: Begnadigung der Antigone und Gesichtsverlust vor dem Volk oder konsequente Umsetzung der eigenen Standpunkte und Verlust der Familie. C 119 Literarische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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