sprachreif - Deutsch Oberstufe, Schülerbuch

68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 hätte Personen in Hongkong dem Justizsystem Chinas ausgesetzt, das für willkürliche Inhaftierun- gen, Folter und andere Misshandlungen bekannt ist. Dem chinesischen Justizsystem unterworfen zu werden, hätte für die Einwohner*innen Hongkongs eine schwere Bedrohung ihrer Rechte und Freihei- ten dargestellt. In China wäre nicht nur ihr Recht auf ein faires Gerichtsverfahren nicht gewahrt, ih- nen hätte auch gewaltsames Verschwindenlassen und Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren gedroht. Neben der realen Gefahr durch die chinesische Jus- tiz, zeichnete sich mit der Gesetzesänderung die zunehmende Aushöhlung der Autonomie Hong- kongs von Festland-China ab. Von März bis Juni 2019 äußerten verschiedene Parteien, darunter auch ausländische Regierungen, öffentlich ihre Be- denken zu den vorgeschlagenen Gesetzesänderun- gen. Die massive reale Bedrohung und die Gefähr- dung der Autonomie Hongkongs durch das neue Auslieferungsgesetz, trieb ab April Protestierende auf die Straßen Hongkongs. Die Menschen forder- ten ihre Regierung auf, die geplanten Änderungen zurückzuziehen. Unter den Protestierenden waren zunächst vor allem junge Menschen, Schüler*innen und Studierende. Im Interview mit Amnesty-Re­ searcher*innen beschrieb der Hongkonger Student „Samuel“*, wie ihn die Angst um Hongkongs Zu- kunft auf die Straße brachte: „Sollten wir die Geset- zesänderung nicht verhindern können, wäre alles vorbei. Es war ein sehr einfacher Gedanke – können wir sie an diesem Tag nicht aufhalten, so wäre Hongkong erledigt. Es gäbe keine weitere Bewe- gung.“ Warum endeten die Hongkong-Proteste nicht mit der Aussetzung des Auslieferungsgesetzes? Am 4. September 2019 kündigte die Regierung Hongkongs an, das Auslieferungsgesetz zurückzu- ziehen. Warum protestiert Hongkong trotzdem weiter? Zu diesem Zeitpunkt waren die Menschen auf den Straßen Hongkongs bereits monatelange massiver Polizeigewalt ausgesetzt gewesen, die das Vertrauen der Bevölkerung gegenüber der Regierung ernsthaft beschädigt hatte. Die Probleme mit dem Ausliefe- rungsgesetz waren von Anfang an offenkundig. Doch statt auf Dialog, setzte die Führung in Hong- kong auf Schlagstöcke, Tränengas, Gummigeschos- se und willkürliche Festnahmen. Ihre Politik war eine Politik der Gewalt unter dem Einfluss Pekings. Der Protest gegen das Auslieferungsgesetz war da- her zu diesem Zeitpunkt längst zu einer Bewegung gegen die Regierung Hongkongs, den Einfluss Chinas und für den Schutz der Rechte und Freihei- ten der Bewohner*innen Hongkongs geworden. Weiterhin fordern die Demonstrierenden in Hong- kong, dass die Regierung ihre Charakterisierung der Proteste als „Unruhen“ zurücknimmt. Sie for- dern eine unabhängige Untersuchung der Gewalt­ anwendung durch die Polizei und die bedingungs- lose Freilassung aller im Rahmen von Protesten Verhafteten. Sie verlangen politische Reformen, die ein echtes allgemeines Wahlrecht gewährleisten – und zwar indem sie die Führung Hongkongs selbst wählen können – wie es in der Mini-Verfassung der Stadt, dem Grundgesetz – festgelegt ist. QUELLE: https://www.amnesty.at/themen/hongkong-protest/warum-protestiert-hongkong/ ; (abgerufen am 27.01.2020) 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 Wer? Was? Wo? Wann? Warum? 112 4 Nur z u Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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