Starke Seiten Deutsch 2, Arbeitsheft

Texte verstehen: Eine närrische Stadt Ein Krebs kommt vor Gericht Als ob es in Schilda nicht schon genug Aufregung gäbe, verirrte sich eines Tages auch noch ein Krebs in das kleine Städtchen. Noch nie hatte jemand so ein merkwürdiges Geschöpf gesehen. Sie beobachteten das Tier und kamen schließlich zu dem Schluss, dass es sich dabei um einen Schneider handeln müsse, denn wozu sonst hätte es zwei prächtige Scheren. Und einen Schneider konnten sie gar gut gebrauchen. Sofort brachte einer ein teures Stück Tuch herbei und setzte den Krebs darauf. Sie erwarteten, dass der Krebs sofort eine Jacke oder ein anderes Kleidungsstück zuschnitte – aber das Tier tat nichts dergleichen. Es lief nur kreuz und quer über das feine Tuch. Das Kreuz- und Querlaufen allerdings hielten die Schildbürger für ein Zeichen. Also schnitten sie kreuz und quer durch das Tuch, denn sie hofften, auf diese Weise ein ganz außergewöhnlich schönes Kleidungsstück zustande zu bringen. Davon allerdings konnte wahrlich nicht die Rede sein. Es blieben lediglich Fetzen von dem feinen Stoff über. Nun regten die Schildbürger sich mächtig auf und hielten den Krebs für einen Schwindler. „Er ist gar kein Schneider! Ich verklage ihn wegen Sachbeschädigung!“, rief der Schildbürger, der den teuren Stoff herbeigebracht hatte. Als der Mann nach dem betrügerischen Krebs griff, um ihn wegzunehmen, kniff ihn der mit seinen Scheren so kräftig in die Finger, dass der Mann vor Schmerzen aufschrie. Da war man sich schnell einig. So ein gefährliches Tier gehörte vor Gericht und es musste ihm der Prozess gemacht werden. Also rief man kurzerhand eine Gerichtsversammlung ein. Der Krebs wurde der mutwilligen Sachbeschädigung und des versuchten Mordes angeklagt. Der Richter überlegte nur kurz und meinte dann: „Der Angeklagte ist in allen Punkten schuldig zu sprechen. Ich verurteile ihn zum Tode durch Ertrinken.“ Und so geschah es auch. Noch am selben Tag brachte der Gerichtsdiener den Krebs an den nahegelegenen See. Alle Bürgerinnen und Bürger Schildas waren gekommen, um an der Vollstreckung des Urteils teilzunehmen. „Strafe muss eben sein“, sagte schließlich der Bürgermeister, und er warf das kriminelle Tier ins Wasser. Nach: Wilhelm von Scholz Was meint ihr: Wie ist es dem Krebs im Wasser ergangen? Gibt es auch heute Situationen, in denen Menschen nur auf Grund von Ansichten anderer beschuldigt werden? Sprecht gemeinsam darüber. Tipp Mit Tuch bezeichnet man auch edle Stoffe. Tipp Du hast ja bereits von den Schildbürgern gehört. Sie waren einmal sehr klug, beschlossen dann aber, sich sehr närrisch zu verhalten. Und da trug sich einmal Folgendes zu … Tipp Bei mutwilliger Sachbeschädigung wird etwas absichtlich zerstört oder beschädigt. Versuchter Mord bedeutet, dass der Mord gewollt wurde, aber nicht ausgeführt werden konnte. 1 5 10 15 20 25 30 24 25 35 Lesen Sprachbuch 60, 61 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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