Texte lesen und verstehen: Gespensterjägern auf der Spur Als Tom vor der staubigen Tür stand, kniff er die Lippen zusammen und rückte entschlossen seine Brille zurecht. Der , kalte Flur, von dem die Kellertüren abgingen, war nur beleuchtet, und Tom hatte wie immer Schwierigkeiten, den verdammten Schlüssel ins Schloss zu kriegen. Die Tür quietschte , als Tom sie aufstieß. Modrig riechende Schwärze gähnte ihm entgegen. Tapfer machte er einen Schritt vorwärts und tastete nach dem Lichtschalter. Wo, zum Teufel, war das verflixte Ding? Es war so ein altmodischer Drehschalter, an dem man sich die Finger verbog. Na endlich. Da war er. Tom drehte ihn herum. Eine jämmerliche kleine Glühbirne flammte auf und – paff! – zerplatzte in tausend Splitter. stolperte Tom zurück – und stieß mit dem Ellbogen gegen die Kellertür. Rums!, fiel sie ins Schloss. Tom stand mutterseelenallein im Keller. „Ganz ruhig!“, dachte er. „Ruhig bleiben, alter Junge. Es ist nur die blöde Glühbirne zerplatzt.“ Aber seit wann zerplatzen Glühbirnen einfach? Tom spürte, wie sein Mund wie Schmirgelpapier wurde. Er wollte einen Schritt zurück machen. Aber seine Schuhe klebten an irgendwas fest. Er hörte seinen eigenen Atem. Und dann ein Rascheln. So als striche etwas über die alten Zeitungen, die Mama irgendwo in der Dunkelheit gestapelt hatte. „Hilfe!“, flüsterte Tom. „Oh Mann, Hilfe!“ „Aaaaaahoooo!“, stöhnte es ihm aus der Finsternis entgegen. Kalter, stinkender Atem strich ihm übers Gesicht. Und eisige Finger packten seinen Hals. „Weeeg!“, schrie Tom und schlug wie ein Wilder um sich. „Weg, du widerliches Ding!“ Die Eisfinger ließen seinen Hals los und zogen an seinen Ohren. Irgendwas schimmerte weißlich in der Dunkelheit. Irgendwas mit Augen, Haar und Grinsen. „Ein Gespenst!“, dachte Tom . „Ein richtiges Gespenst!“ „Ooouuuuuaaaah!“, jaulte das entsetzliche Ding. Mit einem Ruck zog Tom die Füße aus den festgeklebten Schuhen. Er taumelte zur Tür und tastete zitternd nach dem Riegel. Das Etwas zerrte an seinen Haaren und an seiner Jacke und heulte ihm die Ohren voll. Mit letzter Kraft riss Tom die Tür auf, das Gespenst wich mit Kreischen zurück – und Tom stolperte halb tot vor Schreck auf den Flur hinaus. Mit einem Schlag war es . Totenstill. Nur die Tür knatterte in ihren Angeln. Tom gab ihr einen Stoß, und sie fiel ins Schloss. Mit Knien rannte er zur Treppe. Nur weg! Weg! So schnell hatte er die drei Stockwerke noch nie geschafft, obwohl er sich dauernd umschaute. Keuchend erreichte er die Wohnungstür und hämmerte dagegen. Cornelia Funke Cornelia Funke ist eine erfolgreiche deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin. Viele ihrer fantastischen Romane wurden in andere Sprachen übersetzt. Bekannt sind besonders die Geschichten der „Gespensterjäger“. Weitere Bücher von ihr sind u. a. „Tintenherz“ und „Die wilden Hühner“. 1 5 10 15 20 25 30 35 12 Schaurige Momente Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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