Quer durch Niederösterreich, Leseheft

30 Sehenswertes Manuel sitzt der Schreck noch in den Gliedern. Gerade ist ein mächtiger Steinadler so knapp über seinen Kopf geflogen, dass er den Wind in seinem Gefieder mächtig rauschen hörte. Manuel und seine Eltern sind Gäste einer Flugvorführung der Greifvögel auf der Rosenburg im Waldviertel. Vor einer knappen halben Stunde ist die Führung durch Niederösterreichs wohl be­ rühmteste und,  wie viele sagen, schönste Burg zu Ende gegangen. Der Saal voll alter Rüstungen, Geschütze und Waffen, der Marmorsaal, die Bibliothek und besonders die Geheimtür haben Manuel begeistert, denn Ritter haben ihn schon immer fasziniert. Ein bisschen enttäuscht war er schon, als er hörte, dass im riesigen Turnierhof niemals echte Ritterkämpfe stattgefunden haben. Als dieser nämlich angelegt wurde, gab es die Ritter längst nicht mehr. Ihre große Zeit erlebte die Burg vor rund 400 Jahren. Damals sah sie schon ganz anders aus als zu der Zeit, in der sie als Wehranlage von einem Minnesänger 1 im 12. Jahrhundert erbaut wurde. Dieser Minnesänger übte die hohe Kunst der Falknerei aus. Falken sind Raubvögel. Im Mittelalter wurden sie zur Jagd auf Rebhühner, Fasane und Feldhasen abgerichtet. Der Begriff Beizjagd kommt von Die Falken der Rosenburg „beißen“, womit der Biss des Falken in das Genick seiner Beute gemeint war. Mit der Entwicklung der Schusswaffe wurde der Greifvogel für die Beutejagd bedeutungslos. Manuel bewundert die prächtigen Renaissance-Kostüme, die die Falkner der Rosenburg tragen: Lederwams 2 , helle Blusen, Stiefel und breitkrempige Hüte. Auf ihren Lederhandschuhen sitzen die Greife. Einige tragen Hauben über den Köpfen, damit sie den bevorstehenden Jagdflug konzentriert und voller Kraft ausführen können. Die Tiere begreifen den Zusammenhang zwischen „Verhauben 3 “ und dem anschließenden Jagdflug. Fasziniert verfolgt das Publikum das maje­ stätische Schweben der Gänsegeier, Wanderfalken und Habichte am Himmel. Im kreisenden Suchflug halten sie mit träger Eleganz Ausschau nach Beute. Ganz ruhig, ohne Flügelschlag. Es gibt kein Lebewesen, das so gute Augen besitzt wie der Falke. Schon die Indianer nannten einen Jäger, der besonders gut sah, „Falkenauge“. Manuel verfolgt die elegante Landung des Riesenseeadlers, der eine Flügelspannweite von 3 Metern hat. 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 5 10 Unterwegs zur Rosenburg Geier, Greifvogelschau Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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