Quer durch Kärnten, Leseheft

16 Vergangene Zeiten Eintragung in die Stadtchronik im Jahr des Herrn 1348 Donnerstag, 24. Januar Vorletzte Stunde des Tages Während des Abendessens zittert der Boden unter den Füßen. Es ist nur eine leichte Erschütterung. Manche Haus­ bewohner haben sie nicht einmal bemerkt. Später vor dem Einschlafen muss ich immer noch daran denken. Freitag, 25. Januar 2. Stunde des Tages Es ist eiskalt und ich friere in meiner ungeheizten Kammer. Nach dem Morgengebet mache ich mich an meine Arbeit: Ich werde gleich den Ofen anheizen. Gerade als ich Wasser aus einemKrug leere, bebt die Erde wieder. Ich verschütte einiges. Der Hund verkriecht sich in den letzten Winkel des Raumes und winselt leise. 8. Stunde des Tages Ein mäßig lautes Grollen vom Berg ist zu vernehmen. Die Glocken läuten, sie rufen die Menschen zur Heiligen Messe. Der schwarze Freitag 9. Stunde des Tages Die Erde bebt, der Berg dröhnt!! Der Boden schwankt, hebt und senkt sich. Es kommt mir unendlich lange vor. In der Pfarrkirche sind die Gesänge verstummt. Das Haus knarrt, Steine bröckeln aus den Mauern, alles ist voll Staub. Der Herr stehe uns bei! Samstag, 27. Januar Mittagszeit Das Ausmaß der Katastrophe ist schrecklich: zwei Kirchen in unsere Stadt Villach sind eingestürzt und eine riesige Felslawine ist vom Berg Dobratsch abgerutscht. In der Stadt haben sich Brände ausgebreitet und viele Verletzte sind ins Klosterspital gebracht worden. Mehrere Nachbeben sind immer noch zu spüren. Die große Stadtmauer ist zum Teil eingestürzt. Dobratsch (Südseite) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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