Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
83 Barock (1600–1720) 4 „Adieu, Welt!“ Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen: „Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch“ (1669) Ein Autor mitten im Krieg In seinem ersten Roman, den er erst als 45-Jähriger ver öffentlicht, erläutert Johann Jacob Christoffel von Grim melshausen die Grundlage seines Schreibens. Er habe „nichts studirt, gelernet“, sondern sei, „so bald er kaum das ABC begriffen hatt / in Krieg kommen / im zehenjeh- rigen Alter ein rotziger Musquetierer 1 worden“ und ohne Erziehung aufgewachsen. Die fehlende Bildung er schwerte auch seine Stellung im literarischen Leben. Humanistische Bildung galt als selbstverständlich, um als Dichter akzeptiert zu werden. Dennoch wird der „Simplicissimus“ einer der größten Erfolge des Jahrhun derts. Er wird vielfach als „Raubdruck“ ohne Erlaubnis des Autors, der seine Werke meist unter Verschlüsse lung seines Namens veröffentlichte – German Schleif heim von Sulsfort, Samuel Greifnson von Hirschfeld, Melchior Sternfels von Fuchsheim –, und damit ohne fi nanziellen Gewinn für ihn nachgedruckt. Der Roman – hinein in die Welt und wieder heraus Der Roman beginnt mit dem Eintritt des einfältigen Kindes Simplex in die Welt und endet mit der Abkehr des Erwachsenen von ihr. Dazwischen liegen Simplex’ Erfahrungen, dass der Mensch ein Spielball des Glücks ist. Kriegsgreuel, erste Bildung, Anklage als Feind kundschafter, Auftreten in Narren- und Frauenkleidern, Auszeichnungen als Soldat, Gefangennahme, Ehe zwang und Ehebetrug, Liebesfreuden in Paris, Geister beschwörungen, Raub, Mord, Diebstahl, Entstellung durch die Blattern, Reisen bis nach Moskau und Japan, Zwangsdienst auf türkischen Galeeren und schließlich eine Pilgerfahrt nach Rom, die ihn zum Überdenken seines Lebens anregt, bestimmen sein Dasein. Dann zieht Simplex Bilanz. Sie führt ihn zur Absage an die Welt, er wird Einsiedler. Ob er allerdings bis zu seinem Lebensende ein solcher bleiben wird, lässt der Autor offen. Der Mensch ist wandelbar. Auch wenn die Welt im materiellen und moralischen Elend liegt, bietet sie noch genug Verlockungen. Zwei Textstellen sollen Ih nen einen Einblick in den Roman geben. Titelillustration zum „Abenteuerlichen Simplicissimus“ von H. J. Chr. v. Grimmelshausen, 1669 1 Fußsoldat Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv
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