Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

81 Barock (1600–1720) 3 Ein schonungsloser Prediger, aber ein hervorragender Stilist Abraham a Sancta Clara: „Grabschrift der Alten“ und „Wunderlicher Traum von einem großen Narrennest: Der versoffene Narr“ (1703) In jeder Hinsicht heftig Er predigt für die katholische Gegenreformation und hat riesigen Zulauf. Seine Kritik ist beißend. Heftig ist auch seine Abwertung der Frau, die auf „Kirche, Küche, Kinder“ reduziert wird. Deshalb erscheinen die didak­ tisch-satirischen Schriften von Abraham a Sancta Clara (eigentlich Hans Ulrich Megerle) heute teilweise als recht „gnadenlos“. Unbestritten aber ist Sancta Clara ein Meister des Stils. Sein riesiges Werk umfasst Predigten („Mercks Wienn“, „Auff / auff Ihr Christen“), Fabeln, Satiren. Unbestritten ist auch sein großer per­ sönlicher Einsatz in Wien bei der Pestepidemie von 1679 und der Türkenbelagerung von 1683. Greise und Säufer Der erste Text schildert den Totentanz der Greise, die auf ihrem Grabstein mit Selbstironie auf ihre Alters­ gebrechen hinweisen, es aber versäumt haben, vor dem Tod „Rechenschaft“ zu geben. Der zweite Text – in Originalschreibung – ist ein Beispiel für die Kritik des Autors an den Lastern der Zeit. Grabschrift der Alten Krampel, Krüppel, Krempelwar, Liegt allerlei hierunder, Stelzen, Krücken, Paar und Paar, Du glaubst nicht, was für Plunder. 2 4 Lesen Sie die folgenden Epigramme: Ich weiß, dass ohne mich GOtt nicht in Nu 1 kann leben Werd ich zunicht, er muss auch selbst den Geist aufgeben. Ich weiß nicht, was ich bin. Ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und nicht ein Ding: Ein Tüpfchen und ein Kreis. Nichts ist, das dich bewegt, du selber bist das Rad, Das aus sich selbsten läuft und keine Ruhe hat. Mensch geh nur in dich selbst, denn nach dem Stein der Weisen Darf man nicht allererst in fremde Lande reisen. Erkenne selber dich. Wer sich erkennen kann, Trifft inner sich oft mehr als einen Menschen an. Mensch werde wesentlich: denn wann die Welt vergeht, So fällt der Zufall weg, das Wesen, das besteht. Viel haben macht nicht reich. Der ist ein reicher Mann, Der alles, was er hat, ohn’ Leid verlieren kann. 1 nicht in Nu: nicht einmal kurz 2 2 2 2 2 2 2 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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