Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

49 Spätmittelalter (1250–1450) Papageien und Lerchen, Falken und Turteltauben, die auf die Kappe gestickt waren, die wurden nun hin über den Weg verstreut. Hier lag eine Locke, dort ein Fetzen von der Kappe und vom Haar. Selbst wenn ich noch nie die Wahrheit gesagt hätte, so müsst ihr mir doch diese Geschichte von der Kappe glauben, wie klitzeklein sie zerrissen wurde. Noch niemals habt ihr einen so kahlen Schädel gesehen: sein lockiges blondes Haar sah man jämmerlich zerzaust auf der Erde liegen. […] Dann hängten sie ihn an einem Baum auf. Ich meine, dass der Traum des Vaters sich hiermit bewahrheitet hat. Damit ist diese Geschichte zu Ende. „Helmbrecht“ – ein Werk aus dem Innviertel Das Werk ist in zwei Handschriften überliefert. Die als zuverlässiger geltende Handschrift aus dem „Ambra­ ser Heldenbuch“ verzeichnet Ortsnamen aus dem Inn­ viertel, die zweite Handschrift Orte aus dem Gebiet um Wels. Lokalisieren lässt sich die Handlung auf­ grund von Ortsangaben sehr genau im Innviertel. Dort existiert auch bis heute ein seit dem Mittelalter be­ zeugter „Helmbrechthof“. Die Wissenschaft diskutiert die Frage, ob der Erzählung eine wahre Begebenheit aus dieser Gegend zugrunde liegt. 2 Das Ende der höfischen Welt Oswald von Wolkenstein: „Durch Barbarei, Arabia“ (um 1425) Ein abenteuerliches Leben Zwischen 1376 und 1378 wird Oswald im Südtiroler Pus­ tertal geboren. Er nennt sich nach einer der Burgen sei­ ner Familie, Burg Wolkenstein in Gröden. Früh verliert er durch einen Unfall sein rechtes Auge, verlässt als Zehn­ jähriger das Elternhaus und zieht durch Süd- und Ost­ europa. Er wird trotz seiner ritterlichen Herkunft Koch, Ruder- und Pferdeknecht, fährt ins Heilige Land, gerät in Erbstreitigkeiten, wird von der Familie seiner frühe­ ren Geliebten eingekerkert, legt sich mit dem Tiroler Herzog an. Er stirbt 1445 in Meran und wird im Kloster Neustift bei Brixen begraben. Auch seine Lieder zeigen die Umbrüche des späten Mittelalters und den Verlust der Stellung des Rittertums. In dem späten Lied „Durch Barbarei, Arabia“ beklagt der Dichter sein Schicksal. Nach Fahrten durch ganz Europa sitzt er wieder in sei­ ner heimatlichen Burg Hauenstein in Südtirol. Sie fin­ den hier das frühneuhochdeutsche Original mit der neuhochdeutschen Übertragung. 14 16 18 20 22 24 26 28 30 Porträt Oswald von Wolkenstein; erstes lebensechtes und lebensgroßes Bildnis eines deutschsprachigen Autors, Innsbrucker Handschrift, 1432. Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentu des Verlags öbv

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