Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
412 Gegenwartsliteratur – mit Österreichschwerpunkt den gekommen. Als nach dieser Reise durch Eis und mannshohen Schnee nur noch vier Männer all ihre Ze- hen gehabt hätten, hätten sie beschlossen, am Anger- berg zu bleiben, und dessen Vorzüge erkannt: Aus dem Inneren der den Angerberg beschützenden 4000er Bergkette sprudelten klare Quellen, da diese Gletscher von Steinläusen ausgehöhlt waren. An diesen Felswän- den blieben die meisten Unwetter hängen, es gab genug Holz, und aufgrund der geschützten Hanglage gediehen sogar eßbare Früchte, die sonst nur in tiefen Lagen wuchsen. Und Wildschweine gab es mehr, als man bra- ten konnte. ■■ Bestimmen Sie die allenfalls möglichen und die sicher mythischen „Fakten“ der Besied lungsgeschichte. ■■ Erschließen Sie den wahrscheinlichen intertextuellen Bezug der Erwähnung der „Wildschweine“. ■■ Erschließen Sie die zusätzliche Bedeutung der Familiennamen der Holzfäller sowie der Mitglieder der dörflichen Stammtischrunde, wie Gerhard Rossbrand, Wilhelm Hoch schwab, Anton Rettenstein. Johannes und das Dorf Für Johannes sind die „Bergbarbaren“ kritikwürdige komische Vögel, denen er sich nur mit Distanz nähert. Denn hier herrschen noch alte Sitten: Das Triumvirat von Großbauern, Pfarrer und Bürgermeister lenkt vom Wirtshaus Mandling aus die Geschicke des Dorfes. Kommen Fremde aus der Stadt, wie manchmal Berg steiger, – die „Wahnsinnigen“ – klappten die Fensterläden zu, wurden die Wäsche- berge ins Haus geholt und die Kinder heimgerufen, noch bevor der Tross das Ortsschild passiert hatte. „Wos sand des bloß für Männer, wann de si net amoi rasiern könna“, flüsterten sich die letzten St. Petria- ner am Dorfbrunnen zu, bevor sie davonstoben. Ei- nige Anrainer lugten zwischen den Vorhängen her- vor, aber bis auf den Wirt, der ihnen dreifache Prei- se berechnete, ging man den Bergsteigern aus dem Weg. Die Männer verkrochen sich in Wäldern und Werkstätten, der Pfarrer sperrte die Kirche zu. Seit Jahrzehnten fragten sich die St. Petrianer, welche Kopfverletzungen diese Fremden erlitten hatten, dass sie auf Teufel komm raus über die Nordwand, die man im Volksmund auch Mordwand nannte, auf den Großen Sporzer gelangen wollten. Die Dorfbe- wohner mochten es gar nicht, wenn Fremde aus dem Flachland in ihrer Nähe waren. Fernsehen –„Da wird ma jo deppert, imma so ins Kastl schaun“ – Handy und Internet gelten als Teufelszeug. Johannes betrachtet die Dorfvergnügungen – Mai baumstehlen, Kampftrinken beim Feuerwehrfest, Kranzerltanz, Fensterln – teilnahms- und verständnis los, und für diesen Hochmut des „Hochgeschissenen“ muss er büßen. Von Eltern, Pfarrer und Lehrern zu rechtgewiesen, von der Dorfjugend gemobbt, von den Mädchen geschnitten, darf er gerade noch als Schrift führer beim Fußballverein mitspielen. Doch auch in St. Peter geht der „Krieg gegen die Zivi lisierten“ einmal zu Ende. Bei einem Freundschafts spiel gegen den FC St. Pauli aus Hamburg kommt es zur Versöhnung zwischen Sankt Peter und St. Pauli. Sogar die verstocktesten Dörfler finden plötzlich Ge fallen an den Punks aus dem Flachland im Norden: Kater Petzi hisst eine Totenkopfflagge, vom Kirchturm hängt ein BH, die Blasmusik spielt die Gästehymne „Hells Bells“ mit Kuhglocken, der Bürgermeister eröff net eine Dorfdisco – und Johannes findet auch seinen Platz im Dorf. ■■ Beschreiben Sie einige der erwähnten Eigenheiten und Gebräuche der St. Petrianer und setzen Sie diese in Beziehung zu eigenen Erfahrungen von „Dorf und Land“. ■■ Erschließen Sie, zum Beispiel über das Internet, das Selbstverständnis und die Fankultur des FC St. Pauli, insbesondere die Bedeutung der Totenkopfflagge und des Songs „Hells Bells“. 26 28 30 32 34 36 Aufgabe 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentu des Verlags öbv
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