Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
405 Gegenwartsliteratur – mit Österreichschwerpunkt legt. (schreit) Und fünfzig Jahre nach der Entste- hung eines Tellers kommt ein böser Krüppel an den Teller heran und zerstört ihm seine fünfzig Jahre. Aber von meinem Menschen hat man ja schon immer alles Schöne fernhalten können. Das war der einzige dreifarbene Teller in meinem Besitz … rote Blumen, blaue Blumen und lauter grüne Stängel. Ich muss von einem jeden Kilo Strafe, das über der Welt verteilt wird, ein dreiviertel Kilo auf meinen Buckel hinaufnehmen. 2 Frau Kovacic gibt Frau Wurm Ratschläge für die Behandlung Herrmanns. Frau Kovacic: Am meisten täte sich Ihr angeschlage- nes Kind nämlich freilich in einer geschulten Gesundheitsanstalt herausleben können, liebe Frau Wurm. Das täte Ihr schweres Leben erleichtern, und das leichte luftige Leben könnte man dann vielleicht in einem hellen luftigen Altersheim fertiggenießen, bis es alle schädlichen Lebensteile vergessen hat, liebe Frau Wurm. Und die Woh- nung, die täten wir Ihnen abnehmen, das wäre keine Umständlichkeit für uns und unsere Familie. 3 Frau Grollfeuer erklärt den eingeladenen Fami- lien Wurm und Kovacic, dass sie von ihr vergiftet worden sind. Frau Grollfeuer: Sie beweisen mithin immer neuerdings meine Einladungsidee, meine Herr- schaften … haben Sie gehört? … Herrschaften. Heute, an meinem Geburtstag, sind Ihre Häute herrschaftliche Felle, letzte Haut. Sie werden bei mir sterben, wissen Sie … Frau Wurm: Alle Menschen müssen geradlinig sterben, das ist der Gottesplan. Frau Grollfeuer: Aber jetzt bin ich zu einer Gottheit entschlossen, Frau Wurm. Haben Sie noch keine Schmerzen in Ihrer lächerlichen Leiblichkeit? Frau Wurm: Ich habe immer schmerzhafte Sorgen über meinen Herrmann, da fallen Außenschmer- zen nicht so auf … warum? Desiree: Mir ist ja eigentlich grauenhaft schlecht geworden. […] Frau Kovacic: Ja, mein gutes Lebensgefühl ist auch auf eine merkwürdige Reise gegangen mit mir. Herr Kovacic: Bei mir geht der ganze Körper mit dem Körper aus dem Körper hinaus … Frau Grollfeuer: Das ist der Alkohol, Kovac, der beschleunigt diesbezüglich das geträufelte Gift, mein lieber verreckender Kovac. (Alle winden sich im Todeskampf.) Herr Kovacic (mühsam) : Kova…cic. Frau Grollfeuer: Jetzt wird alles dem Erdboden ungleich gemacht. Lebensberechtigungsgutschei- ne werden massenhaft eingezogen. […] (Sie holt unter einem Schrank ein riesiges Messer hervor.) Immer schon wollte ich einmal in so einen erbärmlichen Mietshauskörper hineinstechen. (Sie sticht dem sterbenden Kovacic in den Bauch und lacht.) … In einen richtigen Familienvaterkörper. … den originalen Grollfeuer konnte ich nur vergiften und nicht stechen. Ich war mir noch zu jung und viel zu schön für ein Gefangenenhaus. Frau Wurm (sterbend) : Gott wird Ihnen … einen glühenden Laternenpfahl … in den Unterleib rammen. (Sie stirbt.) […] 5 „hat jetzt die sandra mal die mittel der gewalt in ihrer hand.“ Ferdinand Schmalz: „schlammland gewalt“ (2017) Gewalt und Urgewalt Eine morastige Festwiese in einem Dorf in den Bergen mit Bierzelt, Blasmusik und Hendlstand: Als der alles beherrschende Zeiringer seinen Sohn auf dem Fest in der Umarmung mit der Zeiringer nicht ins Konzept passenden Sandra sieht, da hat er die beiden schon gefasst am kragen. zieht an der budenwand sie hoch. die sandra knallt er kurzer- hand mit einem schlag, der selbst die donner, die da oben grollen, übertrifft, gegen die wand, dass sie im selben augenblick nach unten rasselt und reglos lie- genbleibt im dreck. wo sie auch hingehört, denkt er. 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 2 4 6 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=